Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zu aufgetretenen Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der Ausübung des Verpächterwahlrechts gemäß R 139 Abs. 5 EStR wie folgt Stellung:
1. Wiederaufleben des Verpächterwahlrechts
Die Frage, ob das Verpächterwahlrecht nach R 139 Abs. 5 EStR, das im Zeitpunkt der Verpachtung nicht ausgeübt werden konnte, zu einem späteren Zeitpunkt wieder auflebt, kann in folgenden Fällen von Bedeutung sein:
a) Gewerblich geprägte Personengesellschaft
Eine Personengesellschaft führt zunächst selbst einen Betrieb. Anschließend verpachtet sie ihn. Im Zeitpunkt der Verpachtung liegen die Voraussetzungen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vor. Während der Verpachtung entfallen diese Voraussetzungen, z. B. durch Eintritt einer natürlichen Person als Komplementärin neben der Komplementär-Kapitalgesellschaft.
Während ihrer gewerblichen Prägung steht der Personengesellschaft das Verpächterwahlrecht nicht zu.
b) Ausscheiden eines verpachtenden Mitunternehmers
Der Gesellschafter einer gewerblich tätigen oder geprägten Personengesellschaft verpachtet seinen bis dahin von ihm selbst geführten Betrieb im ganzen an die Mitunternehmerschaft. Später scheidet er aus der Gesellschaft aus.
Solange der verpachtende Gesellschafter der Mitunternehmerschaft angehört, rechnen der verpachtete Betrieb zu seinem Sonderbetriebsvermögen und die von der Mitunternehmerschaft gezahlten Pachtzinsen gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu seinen Sonderbetriebseinnahmen. Das Verpächterwahlrecht steht ihm in dieser Zeit nicht zu.
c) Betriebsaufspaltung
Bei einer Betriebsverpachtung sind zunächst auch die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung erfüllt. Später entfallen die Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung, z. B. wegen Wegfalls der personellen Verflechtung.
Die Regeln der Betriebsaufspaltung, wonach der Verpächter gewerblich tätig ist, gehen denen der Betriebsverpachtung vor. Deshalb ist während des Bestehens der Betriebsaufspaltung kein Verpächterwahlrecht gegeben.
Sind in Fällen der Buchstaben a, b und c weiterhin die Voraussetzungen der Betriebsverpachtung erfüllt, lebt das Verpächterwahlrecht wieder auf, sobald der Hinderungsgrund weggefallen ist, d. h.
- in den Fällen des Buchst. a die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht mehr bestehen,
- in den Fällen des Buchst. b die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG durch Ausscheiden aus der Gesellschaft entfallen (vgl. BFH-Urteil vom 13. Dezember 1983, BStBl 1984 II S. 474, 478 ff. ) oder
- in den Fällen des Buchst. c die Betriebsaufspaltung beendet ist.
Der Verpächter erzielt daher weiterhin gewerbliche Einkünfte und die verpachteten Wirtschaftsgüter bleiben in seinem Betriebsvermögen, solange er die Betriebsaufgabe nicht ausdrücklich erklärt.
2. Gesellschafterwechsel und Gesellschafterbeitritt
Bei Personengesellschaften darf ein bestehendes Verpächterwahlrecht auch in den Fällen des Gesellschafterwechsels oder des Gesellschafterbeitritts weiter ausgeübt werden. Das gilt in den Fällen des Gesellschafterwechsels nur dann nicht, wenn alle bisherigen Gesellschafter ihre Beteiligungen innerhalb eines kurzen Zeitraums vollständig veräußern, wenn es also zu einem gänzlichen Austausch der Gesellschafter kommt.
In den Fällen des Gesellschafterbeitritts spielt die besondere Sicht des Umwandlungssteuerrechts, wonach die bisherigen Mitunternehmeranteile in eine „neue“, durch den hinzutretenden Gesellschafter vergrößerte Personengesellschaft eingebracht werden, für die Frage des Verpächterwahlrechts keine Rolle.
- Eine nicht gewerblich geprägte Personengesellschaft verpachtet ihren Gewerbebetrieb. Die Betriebsaufgabe wird nicht erklärt. Später veräußert ein Gesellschafter seinen Anteil an einen Dritten. Die Personengesellschaft darf das Verpächterwahlrecht weiterhin ausüben.
- In eine Personengesellschaft tritt nach Beginn der Verpachtung ein neuer Gesellschafter ein. Auch in diesem Fall darf die Personengesellschaft das Verpächterwahlrecht weiterhin ausüben.
Solange die Personengesellschaft in den Beispielen a und b die Betriebsaufgabe nicht erklärt, erzielt sie weiterhin gewerbliche Einkünfte und bleiben die verpachteten Wirtschaftsgüter in ihrem Betriebsvermögen.
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