11Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen. 2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte. 3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer. 4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.
2Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:
- Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;
- Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;
- Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;
- Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.
31Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 enthalten, so kann auf Antrag abweichend von Absatz 1 die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungs-rechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. 2Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent. 3Auf das um die in Satz 1 genannten Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) sind vorbehaltlich des Absatzes 1 die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden.
4Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen. 5Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungs‑ oder Aufgabegewinn im Sinne des Satzes 1, kann er die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Veräußerungs‑ oder Aufgabegewinn beantragen. 6Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.
- R 34.1
Richtlinie
Umfang der steuerbegünstigten Einkünfte
aufklappen Zuklappen(1) 1§ 34 Abs. 1 EStG ist grundsätzlich bei allen Einkunftsarten anwendbar. 2§ 34 Abs. 3 EStG ist nur auf Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG anzuwenden. 3Die von der S. d. E., dem G. d. E. und dem Einkommen abzuziehenden Beträge sind zunächst bei den nicht nach § 34 EStG begünstigten Einkünften zu berücksichtigen. 4Liegen die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG und § 34 Abs. 3 EStG nebeneinander vor, ist eine Verrechnung der noch nicht abgezogenen Beträge mit den außerordentlichen Einkünften in der Reihenfolge vorzunehmen, dass sie zu dem für den Stpfl. günstigsten Ergebnis führt. 5Sind in dem Einkommen Einkünfte aus Land‑ und Forstwirtschaft enthalten und bestehen diese zum Teil aus außerordentlichen Einkünften, die nach § 34 EStG ermäßigt zu besteuern sind, ist hinsichtlich der Anwendung dieser Vorschrift der Freibetrag nach § 13 Abs. 3 EStG zunächst von den nicht nach § 34 EStG begünstigten Einkünften aus Land‑ und Forstwirtschaft abzuziehen. 6Wird für einen Gewinn i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG die Tarifbegünstigung nach § 34a EStG in Anspruch genommen, scheidet die Anwendung des § 34 Abs. 3 EStG aus.
(2) Tarifbegünstigte Veräußerungsgewinne i. S. d. §§ 14, 16 und 18 Abs. 3 EStG liegen grundsätzlich nur vor, wenn die stillen Reserven in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang aufgedeckt werden.
(3)1Die gesamten außerordentlichen Einkünfte sind grundsätzlich bis zur Höhe des z. v. E. tarifbegünstigt. 2In Fällen, in denen Verluste zu verrechnen sind, sind die vorrangig anzuwendenden besonderen Verlustverrechnungsbeschränkungen (z. B. § 2a Abs. 1, § 2b i. V. m. § 52 Abs. 4 ), 15 Abs. 4, § 15b EStG) zu beachten.
(4)1Veräußerungskosten sind bei der Ermittlung des tarifbegünstigten Veräußerungsgewinns erst im Zeitpunkt des Entstehens des Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen, auch wenn sie bereits im VZ vor dem Entstehen des Veräußerungsgewinns angefallen sind. 2Die übrigen außerordentlichen Einkünfte unterliegen der Tarifvergünstigung in dem VZ, in dem sie nach den allgemeinen Grundsätzen vereinnahmt werden, nur insoweit, als nicht in früheren VZ mit diesen Einkünften unmittelbar zusammenhängende Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten die Einkünfte des Stpfl. gemindert haben.
- H 34.1
Arbeitnehmer-Pauschbetrag
Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag ist bei der Ermittlung der nach § 34 begünstigten außerordentlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit nur insoweit abzuziehen, als tariflich voll zu besteuernde Einnahmen dieser Einkunftsart dafür nicht mehr zur Verfügung stehen (BFH vom 29.10.1998 – BStBl II 1999 S. 588).
Betriebsaufgabegewinn in mehreren Veranlagungszeiträumen
Erstreckt sich eine Betriebsaufgabe über zwei Kj. und fällt der Aufgabegewinn daher in zwei VZ an, kann die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 für diesen Gewinn auf Antrag in beiden VZ gewährt werden. Der Höchstbetrag von 5 Mio. € ist dabei aber insgesamt nur einmal zu gewähren (BMF vom 20.12.2005 – BStBl I 2006 S. 7).
Fortführung der bisherigen Tätigkeit
Voraussetzung einer Betriebsveräußerung i. S. d. §§ 16 und 34 ist, dass der Veräußerer die mit dem veräußerten Betriebsvermögen verbundene gewerbliche Tätigkeit aufgibt (BFH vom 12.06.1996 – BStBl II S. 527). Veräußert dagegen ein Land‑ und Forstwirt seinen Betrieb und pachtet er diesen unmittelbar nach der Veräußerung zurück, so ist auf den Veräußerungsgewinn i. S. d. § 14 § 34 Abs. 1 oder 3 anzuwenden (BFH vom 28.03.1985 – BStBl II S. 508).
Freibetrag nach § 16 Abs. 4
H 16 (13) Freibetrag und H 16 (13) Teileinkünfteverfahren
Geschäfts- oder Firmenwert
Wird für den bei der erklärten Betriebsaufgabe nicht in das Privatvermögen zu überführenden Geschäfts‑ oder Firmenwert (>H 16 (5)) später ein Erlös erzielt, ist der Gewinn nicht nach § 34 begünstigt (BFH vom 30.01.2002 – BStBl II S. 387).
Nicht entnommene Gewinne
Sind sowohl die Voraussetzungen für eine Tarifbegünstigung nach § 34a als auch die Voraussetzungen für eine Begünstigung nach § 34 Abs. 1 erfüllt, kann der Stpfl. wählen, welche Begünstigung er in Anspruch nehmen will (BMF vom 11.08.2008 – BStBl I S. 838, Rn. 6).
Zweifelsfragen zu § 6b Abs. 2a bei Betriebsveräußerung
BMF vom 07.03.2018 (BStBl I S. 309)
- R 34.2
Richtlinie
Steuerberechnung unter Berücksichtigung der Tarifermäßigung
aufklappen Zuklappen11Für Zwecke der Steuerberechnung nach § 34 Abs. 1 EStG ist zunächst für den VZ, in dem die außerordentlichen Einkünfte erzielt worden sind, die Einkommensteuer zu ermitteln, die sich ergibt, wenn die in dem z. v. E. enthaltenen außerordentlichen Einkünfte nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. 2Sodann ist in einer Vergleichsberechnung die Einkommensteuer zu errechnen, die sich unter Einbeziehung eines Fünftels der außerordentlichen Einkünfte ergibt. 3Bei diesen nach den allgemeinen Tarifvorschriften vorzunehmenden Berechnungen sind dem Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG) unterliegende Einkünfte zu berücksichtigen. 4Der Unterschiedsbetrag zwischen beiden Steuerbeträgen ist zu verfünffachen und der sich so ergebende Steuerbetrag der nach Satz 1 ermittelten Einkommensteuer hinzuzurechnen.
21Sind in dem z. v. E. auch Einkünfte enthalten, die nach § 34 Abs. 3 EStG oder § 34b Abs. 3 EStG ermäßigten Steuersätzen unterliegen, ist die jeweilige Tarifermäßigung unter Berücksichtigung der jeweils anderen Tarifermäßigung zu berechnen. 2Einkünfte, die nach § 34a Abs. 1 EStG mit einem besonderen Steuersatz versteuert werden, bleiben bei der Berechnung der Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG unberücksichtigt.
- H 34.2
Hinweise
aufklappen ZuklappenBerechnungsbeispiele
Beispiel 1:Berechnung der Einkommensteuer nach § 34 Abs. 1
Der Stpfl., der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Vermietung und Verpachtung (einschl. Entschädigung i. S. d. § 34) hat, und seine Ehefrau werden zusammen veranlagt. Es sind die folgenden Einkünfte und Sonderausgaben anzusetzen:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb 45.000 € Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
- laufende Einkünfte
+ 5.350 € - Einkünfte aus Entschädigung i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 2
+ 25.000 € G. d. E. 75.350 € Sonderausgaben - 3.200 €
Einkommen 72.150 € z. v. E. 72.150 € z. v. E. 72.150 € abzgl. Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 2 - 25.000 €
verbleibendes z. v. E. 47.150 € darauf entfallender Steuerbetrag 5.786 € verbleibendes z. v. E. 47.150 € zzgl. 1/5 der Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 2 + 5.000 € 52.150 € darauf entfallender Steuerbetrag 7.154 € abzgl. Steuerbetrag auf das verbleibende z. v. E. - 5.786 € Unterschiedsbetrag 1.368 € multipliziert mit Faktor 5 6.840 € 6.840 € tarifliche Einkommensteuer 12.626 € Beispiel 2:Berechnung der Einkommensteuer nach § 34 Abs. 1 bei negativem verbleibenden z. v. E.
Der Stpfl., der Einkünfte aus Gewerbebetrieb hat, und seine Ehefrau werden zusammen veranlagt. Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 und § 16 Abs. 4 liegen nicht vor. Es sind die folgenden Einkünfte und Sonderausgaben anzusetzen:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb, laufender Gewinn + 5.350 € Veräußerungsgewinn (§ 16) + 225.000 € 230.350 € Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung - 45.000 € G. d. E. 185.350 € Sonderausgaben - 3.200 € Einkommen/z. v. E. 182.150 € Höhe der Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 2, die nach § 34 Abs. 1 besteuert werden können; maximal aber bis zur Höhe des z. v. E. 182.150 € z. v. E. 182.150 € abzgl. Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 2 - 225.000 € verbleibendes z. v. E. - 42.850 € Damit ist das gesamte z. v. E. von 182.150 € gem. § 34 tarifbegünstigt. 1/5 des z. v. E. (§ 34 Abs. 1 Satz 3) 36.430 € darauf entfallender Steuerbetrag 3.014 € multipliziert mit Faktor 5 15.070 € tarifliche Einkommensteuer 15.070 € Beispiel 3:Berechnung der Einkommensteuer nach § 34 Abs. 1 mit Einkünften, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen
(Entsprechende Anwendung des BFH-Urteils vom 22.09.2009 – BStBl II 2010 S. 1032)
Der Stpfl. hat Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung (einschl. einer Entschädigung i. S. d. § 34). Es sind folgende Einkünfte und Sonderausgaben anzusetzen:
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit 10.000 € Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung laufende Einkünfte
+ 60.000 € Einkünfte aus Entschädigung i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 2
+ 30.000 € G. d. E. 100.000 € Sonderausgaben - 3.200 € Einkommen/z. v. E. 96.800 € Arbeitslosengeld 20.000 € z. v. E. 96.800 € abzgl. Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 2 - 30.000 € verbleibendes z. v. E. 66.800 € zzgl. Arbeitslosengeld § 32b Abs. 2 + 20.000 € für die Berechnung des Steuersatzes gem. § 32b Abs. 2 maßgebendes verbleibendes z. v. E. 86.800 € Steuer nach Grundtarif 26.483 € besonderer (= durchschnittlicher) Steuersatz § 32b Abs. 2 30,5103 % Steuerbetrag auf verbleibendes z. v. E. (66.800 €) unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts 20.380 € verbleibendes z. v. E. 66.800 € zzgl. 1/5 der Einkünfte i. S. d. § 34 + 6.000 € 72.800 € zzgl. Arbeitslosengeld § 32b Abs. 2 + 20.000 € für die Berechnung des Steuersatzes gem. § 32b Abs. 2 maßgebendes z. v. E. mit 1/5 der außerordentlichen Einkünfte 92.800 € Steuer nach Grundtarif 29.003 € besonderer (= durchschnittlicher) Steuersatz 31,2532 % Steuerbetrag auf z. v. E. mit 1/5 der außerordentlichen Einkünfte (72.800 €) unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts 22.752 € abzgl. Steuerbetrag auf das verbleibende z. v. E. – 20.380 € Unterschiedsbetrag 2.372 € multipliziert mit Faktor 5 11.860 € 11.860 € tarifliche Einkommensteuer 32.240 € Beispiel 4:Berechnung der Einkommensteuer nach § 34 Abs. 1 bei negativem verbleibenden z. v. E. und Einkünften, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen (BFH vom 11.12.2012 – BStBl II 2013 S. 370)
Der Stpfl. hat Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung (einschl. einer Entschädigung i. S. d. § 34). Es sind folgende Einkünfte und Sonderausgaben anzusetzen:
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit 10.000 € Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung laufende Einkünfte
- 20.000 € Einkünfte aus Entschädigung i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 2
+30.000 € G. d. E. 20.000 € Sonderausgaben - 5.000 € Einkommen/z. v. E. 15.000 € Höhe der Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 2, die nach § 34 Abs. 1 besteuert werden können, maximal bis zur Höhe des z. v. E. 15.000 € z. v. E. 15.000 € abzgl. Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 2 - 30.000 € verbleibendes z. v. E. - 15.000 € Damit ist das gesamte z. v. E. von 15.000 € gem. § 34 tarifbegünstigt. 1/5 des z. v. E. (§ 34 Abs. 1 Satz 3) 3.000 € Arbeitslosengeld 40.000 € abzgl. negatives verbleibendes z. v. E. - 15.000 € dem Progressionsvorbehalt unterliegende Bezüge werden nur insoweit berücksichtigt, als sie das negative verbleibende z. v. E. übersteigen 25.000 € + 25.000 € für die Berechnung des Steuersatzes gem. § 32b Abs. 2 maßgebendes verbleibendes z. v. E. 28.000 € Steuer nach Grundtarif 4.120 € besonderer (= durchschnittlicher) Steuersatz 14,7142 % Steuerbetrag auf 1/5 des z. v. E. (3.000 €) 441 € multipliziert mit Faktor 5 2.205 € tarifliche Einkommensteuer 2.205 € Beispiel 5:Berechnung der Einkommensteuer bei Zusammentreffen der Vergünstigungen nach § 34 Abs. 1 und § 34 Abs. 3
Der Stpfl., der Einkünfte aus Gewerbebetrieb hat, und seine Ehefrau werden zusammenveranlagt. Im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung hatte der Stpfl. das 55. Lebensjahr vollendet. Es sind die folgenden Einkünfte und Sonderausgaben anzusetzen:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb, laufender Gewinn 50.000 € Veräußerungsgewinn (§ 16) 120.000 € davon bleiben nach § 16 Abs. 4 steuerfrei - 45.000 € + 75.000 € Einkünfte, die Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit sind + 100.000 € Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung + 3.500 € G. d. E. 228.500 € Sonderausgaben - 3.200 € Einkommen/z. v. E. 225.300 € 1. Steuerberechnung nach § 34 Abs. 1 1.1 Ermittlung des Steuerbetrags ohne Einkünfte nach § 34 Abs. 1. z. v. E. 225.300 € abzgl. Einkünfte nach § 34 Abs. 1 100.000 € 125.300 € (darauf entfallender Steuerbetrag = 32.680 €) abzgl. Einkünfte nach § 34 Abs. 3 75.000 € 50.300 € darauf entfallender Steuerbetrag 6.642 € Für das z. v. E. ohne Einkünfte nach § 34 Abs. 1 würde sich eine Einkommensteuer nach Splittingtarif von 32.680 € ergeben. Sie entspricht einem durchschnittlichen Steuersatz von 26,0814 %. Der ermäßigte Steuersatz beträgt mithin 56 % von 26,0814 % = 14,6055 %. Der ermäßigte Steuersatz ist höher als der mindestens anzusetzende Steuersatz von 14 % (§ 34 Abs. 3 Satz 2). Daher ist der Mindeststeuersatz nicht maßgeblich. Mit dem ermäßigten Steuersatz gem. § 34 Abs. 3 zu versteuern: 14,6055 % von 75.000 € = 10.954 € Steuerbetrag nach § 34 Abs. 3 (ohne Einkünfte nach § 34 Abs. 1) 11.954 € zzgl. Steuerbetrag von 50.300 € (= z. v. E. ohne Einkünfte nach § 34 Abs. 1 und § 34 Abs. 3) + 6.642 € Steuerbetrag ohne Einkünfte nach § 34 Abs. 1 17.596 € 1.2 Ermittlung des Steuerbetrags mit 1/5 der Einkünfte nach § 34 Abs. 1 z. v. E. 225.300 € abzgl. Einkünfte nach § 34 Abs. 1 - 100.000 € zzgl. 1/5 der Einkünfte nach § 34 Abs. 1 + 20.000 € 145.300 € (darauf entfallender Steuerbetrag = 41.080 €) abzgl. Einkünfte nach § 34 Abs. 3 - 75.000 € 70.300 € darauf entfallender Steuerbetrag 12.526 € Für das z. v. E. ohne die Einkünfte nach § 34 Abs. 1 zzgl. 1/5 der Einkünfte nach § 34 Abs. 1 würde sich eine Einkommensteuer nach Splittingtarif von 41.080 € ergeben. Sie entspricht einem durchschnittlichen Steuersatz von 28,2725 %. Der ermäßigte Steuersatz beträgt mithin 56 % von 28,2725 % = 15,8326 %. Der ermäßigte Steuersatz ist höher als der mindestens anzusetzende Steuersatz von 14 % (§ 34 Abs. 3 Satz 2). Daher ist der Mindeststeuersatz nicht maßgeblich. Mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern: 15,8326 % von 75.000 € = 11.847 €. Steuerbetrag nach § 34 Abs. 3 (unter Berücksichtigung von 1/5 der Einkünfte nach § 34 Abs. 1) 11.847 € zzgl. Steuerbetrag von 70.300 € (= z. v. E. ohne Einkünfte nach § 34 Abs. 3 und § 34 Abs. 1 mit 1/5 der Einkünfte nach § 34 Abs. 1) + 12.526 € Steuerbetrag mit 1/5 der Einkünfte nach § 34 Abs. 1 24.400 € 1.3 Ermittlung des Unterschiedsbetrages nach § 34 Abs. 1 Steuerbetrag mit 1/5 der Einkünfte nach § 34 Abs. 1 24.400 € abzgl. Steuerbetrag ohne Einkünfte nach § 34 Abs. 1 (Nr. 1.1) – 17.596 € Unterschiedsbetrag 6.804 € verfünffachter Unterschiedsbetrag nach § 34 Abs. 1 34.020 € 2. Steuerberechnung nach § 34 Abs. 3: z. v. E. 225.300 € abzgl. Einkünfte nach § 34 Abs. 1 - 100.000 € 125.300 € Steuerbetrag von 125.300 € 32.680 € zzgl. verfünffachter Unterschiedsbetrag nach § 34 Abs. 1 (Nr. 1.3) + 34.020 € Summe 66.700 € Ermittlung des ermäßigten Steuersatzes nach Splittingtarif auf der Grundlage des z. v. E. 66.700 €/225.300 € = 29,6049 % Der ermäßigte Steuersatz beträgt mithin 56 % von 29,6049 % = 16,5787 %. Der ermäßigte Steuersatz ist höher als der mindestens anzusetzende Steuersatz von 14 % (§ 34 Abs. 3 Satz 2). Daher ist der Mindeststeuersatz nicht maßgeblich. Mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern: 16,5787 % von 75.000 € = 12.434 €. Steuerbetrag nach § 34 Abs. 3 12.434 € 3. Berechnung der gesamten Einkommensteuer nach dem Splittingtarif entfallen auf das z. v. E. ohne begünstigte Einkünfte (Nr. 1.1) 6.642 € verfünffachter Unterschiedsbetrag nach § 34 Abs. 1 (Nr. 1.3) 34.020 € Steuer nach § 34 Abs. 3 (Nr. 2) 12.443 € tarifliche Einkommensteuer 53.096 € Negativer Progressionsvorbehalt
Unterliegen Einkünfte sowohl der Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 als auch dem negativen Progressionsvorbehalt des § 32b, ist eine integrierte Steuerberechnung nach dem Günstigkeitsprinzip vorzunehmen. Danach sind die Ermäßigungsvorschriften in der Reihenfolge anzuwenden, die zu einer geringeren Steuerbelastung führt, als dies bei ausschl. Anwendung des negativen Progressionsvorbehalts der Fall wäre (>BFH vom 15.11.2007 – BStBl II 2008 S. 375).
Verhältnis zu § 34b
R 34b.5 Abs. 2
- R 34.3
Richtlinie
Besondere Voraussetzungen für die Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG
aufklappen ZuklappenS 22581Entschädigungen i. S. d. § 24 Nr. 1 EStG sind nach § 34 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 2 EStG nur begünstigt, wenn es sich um außerordentliche Einkünfte handelt; dabei kommt es nicht darauf an, im Rahmen welcher Einkunftsart sie angefallen sind.
21Die Nachzahlung von Nutzungsvergütungen und Zinsen i. S. d. des § 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG muss einen Zeitraum von mehr als 36 Monaten umfassen. 2Es genügt nicht, dass sie auf drei Kalenderjahre entfällt.
- H 34.3
Entlassungsentschädigungen
- BMF vom 01.11.2013 (BStBl I S. 1326) unter Berücksichtigung der Änderungen durch BMF vom 04.03.2016 (BStBl I S. 277), Anhang 15 LStH
- Die Rückzahlung einer Abfindung ist auch dann im Abflussjahr zu berücksichtigen, wenn die Abfindung im Zuflussjahr begünstigt besteuert worden ist. Eine Lohnrückzahlung ist regelmäßig kein rückwirkendes Ereignis, das zur Änderung des Einkommensteuerbescheides des Zuflussjahres berechtigt (BFH vom 04.05.2006 – BStBl II S. 911).
Entschädigung i. S. d. § 24 Nr. 1
R 24.1
Entschädigung in zwei Veranlagungszeiträumen
- Außerordentliche Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 2 sind (nur) gegeben, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem VZ zu erfassen sind (BFH vom 21.03.1996 – BStBl II S. 416 und vom 14.05.2003 – BStBl II S. 881). Die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 kann aber unter besonderen Umständen ausnahmsweise auch dann in Betracht kommen, wenn die Entschädigung nicht in einem Kj. zufließt, sondern sich auf zwei Kj. verteilt. Voraussetzung ist jedoch stets, dass die Zahlung der Entschädigung von vornherein in einer Summe vorgesehen war und nur wegen ihrer ungewöhnlichen Höhe und der besonderen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen auf zwei Jahre verteilt wurde oder wenn der Entschädigungsempfänger – bar aller Existenzmittel – dringend auf den baldigen Bezug einer Vorauszahlung angewiesen war (BFH vom 02.09.1992 – BStBl II 1993 S. 831).
- Bei Land‑ und Forstwirten mit einem vom Kj. abweichenden Wj. ist die Tarifermäßigung ausgeschlossen, wenn sich die außerordentlichen Einkünfte aufgrund der Aufteilungsvorschrift des § 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 auf mehr als zwei VZ verteilen (BFH vom 04.04.1968 – BStBl II S. 411).
- Planwidriger Zufluss
BMF vom 01.11.2013 (BStBl I S. 1326), Rz. 16-19, Anhang 15 LStH - Die Ablösung wiederkehrender Bezüge aus einer Betriebs‑ oder Anteilsveräußerung durch eine Einmalzahlung kann als Veräußerungserlös auch dann tarifbegünstigt sein, wenn im Jahr der Betriebs‑ oder Anteilsveräußerung eine Einmalzahlung tarifbegünstigt versteuert worden ist, diese aber im Verhältnis zum Ablösebetrag als geringfügig (im Urteilsfall weniger als 1 %) anzusehen ist (BFH vom 14.01.2004 – BStBl II S. 493).
Nutzungsvergütungen i. S. d. § 24 Nr. 3
- Werden Nutzungsvergütungen oder Zinsen i. S. d. § 24 Nr. 3 für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt, ist der gesamte Nachzahlungsbetrag nach § 34 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. Absatz 1 begünstigt. Nicht begünstigt sind Nutzungsvergütungen, die in einem Einmalbetrag für einen drei Jahre übersteigenden Nutzungszeitraum gezahlt werden und von denen ein Teilbetrag auf einen Nachzahlungszeitraum von weniger als drei Jahren und die im Übrigen auf den zukünftigen Nutzungszeitraum entfallen (BFH vom 19.04.1994 – BStBl II S. 640).
- Die aufgrund eines Zwangsversteigerungsverfahrens von der öffentlichen Hand als Ersteherin gezahlten sog. Bargebotszinsen stellen keine „Zinsen auf Entschädigungen" i. S. v. § 24 Nr. 3 dar (BFH vom 28.04.1998 – BStBl II S. 560).
Vorabentschädigungen
Teilzahlungen, die ein Handelsvertreter entsprechend seinen abgeschlossenen Geschäften laufend vorweg auf seine künftige Wettbewerbsentschädigung (§ 90a HGB) und auf seinen künftigen Ausgleichsanspruch (§ 89b HGB) erhält, führen in den jeweiligen VZ zu keiner >Zusammenballung von Einkünften und lösen deshalb auch nicht die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 aus (BFH vom 20.07.1988 – BStBl II S. 936).
Zinsen i. S. d. § 24 Nr. 3
Nutzungsvergütungen
Zusammenballung von Einkünften
- Eine Entschädigung ist nur dann tarifbegünstigt, wenn sie zu einer Zusammenballung von Einkünften innerhalb eines VZ führt (BFH vom 04.03.1998 – BStBl II S. 787).
- BMF vom 01.11.2013 (BStBl I S. 1326) unter Berücksichtigung der Änderungen durch BMF vom 04.03.2016 (BStBl I S. 277), Rz. 8-15, Anhang 15 LStH
- Erhält ein Stpfl. wegen der Körperverletzung durch einen Dritten aufgrund von mehreren gesonderten und unterschiedliche Zeiträume betreffenden Vereinbarungen mit dessen Versicherung Entschädigungen als Ersatz für entgangene und entgehende Einnahmen, steht der Zufluss der einzelnen Entschädigungen in verschiedenen VZ der tarifbegünstigten Besteuerung jeder dieser Entschädigungen nicht entgegen (BFH vom 21.01.2004 – BStBl II S. 716). Bei einem zeitlichen Abstand zweier selbständiger Entschädigungszahlungen von sechs Jahren fehlt der für die Beurteilung der Einheitlichkeit einer Entschädigungsleistung erforderliche zeitliche Zusammenhang (BFH vom 11.10.2017 – BStBl II 2018 S. 706).
- R 34.4
Richtlinie
Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG auf Einkünfte aus der Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit
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(§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG)Allgemeines
1 1§ 34 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. Abs. 1 EStG gilt grundsätzlich für alle Einkunftsarten. 2§ 34 Abs. 1 EStG ist auch auf Nachzahlungen von Ruhegehaltsbezügen und von Renten i. S. d. § 22 Nr. 1 EStG anwendbar, soweit diese nicht für den laufenden VZ geleistet werden. 3Voraussetzung für die Anwendung ist, dass auf Grund der Einkunftsermittlungsvorschriften eine >Zusammenballung von Einkünften eintritt, die bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auf wirtschaftlich vernünftigen Gründen beruht und bei anderen Einkünften nicht dem vertragsgemäßen oder dem typischen Ablauf entspricht.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
2Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit kommt es nicht darauf an, dass die Vergütung für eine abgrenzbare Sondertätigkeit gezahlt wird, dass auf sie ein Rechtsanspruch besteht oder dass sie eine zwangsläufige Zusammenballung von Einnahmen darstellt.
Ermittlung der Einkünfte
3 1Bei der Ermittlung der dem § 34 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. Abs. 1 EStG unterliegenden Einkünfte gilt R 34.1 Abs. 4 Satz 2. 2Handelt es sich sowohl bei den laufenden Einnahmen als auch bei den außerordentlichen Bezügen um Versorgungsbezüge i. S. d. § 19 Abs. 2 EStG, können im Kalenderjahr des Zuflusses die Freibeträge für Versorgungsbezüge nach § 19 Abs. 2 EStG nur einmal abgezogen werden; sie sind zunächst bei den nicht nach § 34 EStG begünstigten Einkünften zu berücksichtigen. 3Nur insoweit nicht verbrauchte Freibeträge für Versorgungsbezüge sind bei den nach § 34 EStG begünstigten Einkünften abzuziehen. 4Entsprechend ist bei anderen Einkunftsarten zu verfahren, bei denen ein im Rahmen der Einkünfteermittlung anzusetzender Freibetrag oder Pauschbetrag abzuziehen ist. 5Werden außerordentliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit neben laufenden Einkünften dieser Art bezogen, ist bei den Einnahmen der Arbeitnehmer-Pauschbetrag oder der Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b EStG insgesamt nur einmal abzuziehen, wenn insgesamt keine höheren Werbungskosten nachgewiesen werden. 6In anderen Fällen sind die auf die jeweiligen Einnahmen entfallenden tatsächlichen Werbungskosten bei diesen Einnahmen zu berücksichtigen.
- H 34.4
Hinweise
aufklappen ZuklappenArbeitslohn für mehrere Jahre
- Die Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 34 Abs. 1 setzt nicht voraus, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung erbringt; es genügt, dass der Arbeitslohn für mehrere Jahre gezahlt worden ist (BFH vom 17.07.1970 – BStBl II S. 683).
- Liegen wirtschaftlich vernünftige Gründe für eine zusammengeballte Entlohnung vor, muss es sich nicht um einmalige und unübliche (Sonder‑)Einkünfte für eine Tätigkeit handeln, die von der regelmäßigen Erwerbstätigkeit abgrenzbar ist oder auf einem besonderen Rechtsgrund beruht (BFH vom 07.05.2015 – BStBl II S. 890).
Außerordentliche Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 34 Abs. 1
§ 34 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 34 Abs. 1 ist z. B. anzuwenden, wenn:
- eine Lohnzahlung für eine Zeit, die vor dem Kj. liegt, deshalb nachträglich geleistet wird, weil der Arbeitgeber Lohnbeträge zu Unrecht einbehalten oder mangels flüssiger Mittel nicht in der festgelegten Höhe ausgezahlt hat (>BFH vom 17.07.1970 – BStBl II S. 683),
- der Arbeitgeber Prämien mehrerer Kj. für eine Versorgung oder für eine Unfallversicherung des Arbeitnehmers deshalb voraus‑ oder nachzahlt, weil er dadurch günstigere Prämiensätze erzielt oder weil die Zusammenfassung satzungsgemäßen Bestimmungen einer Versorgungseinrichtung entspricht,
- dem Stpfl. Tantiemen für mehrere Jahre in einem Kj. zusammengeballt zufließen (>BFH vom 11.06.1970 – BStBl II S. 639),
- dem Stpfl. Zahlungen, die zur Abfindung von Pensionsanwartschaften geleistet werden, zufließen. Dem Zufluss steht nicht entgegen, dass der Ablösungsbetrag nicht an den Stpfl., sondern an einen Dritten gezahlt worden ist (>BFH vom 12.04.2007 – BStBl II S. 581),
- Arbeitslohn aus einem Forderungsverzicht auf eine bereits erdiente (werthaltige) Pensionsanwartschaft vorliegt (>BFH vom 23.08.2017 – BStBl II 2018 S. 208),
- Nachzahlungen von Versorgungsbezügen, die als Ruhegehalt für eine ehemalige Arbeitnehmertätigkeit gezahlt werden (>BFH vom 28.02.1958 – BStBl III S. 169),
- im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge im Durchführungsweg Direktzusage eine Trennung zwischen arbeitgeberfinanziertem Basiskonto und mitarbeiterfinanziertem Aufbaukonto vorgenommen wird und eine Einmalzahlung aus einem dieser Konten erfolgt (>BFH vom 23.04.2021 – BStBl II S. 692),
- Überstundenvergütungen für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten als Einmalzahlung geleistet werden (BFH vom 02.12.2021 – BStBl II 2022 S. 442).
§ 34 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 34 Abs. 1 ist z. B. nicht anzuwenden:
- bei zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarten und regelmäßig ausgezahlten gewinnabhängigen Tantiemen, deren Höhe erst nach Ablauf des Wj. festgestellt werden kann; es handelt sich hierbei nicht um die Abgeltung einer mehrjährigen Tätigkeit (>BFH vom 30.08.1966 – BStBl III S. 545),
- bei Erstattungszinsen nach § 233a AO (>BFH vom 12.11.2013 – BStBl II 2014 S. 168),
- bei der Vereinnahmung eines berufsüblichen Honorars für die Bearbeitung eines mehrjährigen Mandats durch einen Rechtsanwalt (>BFH vom 30.01.2013 – BStBl II 2018 S. 696),
- bei Zuwendungen, die ohne Rücksicht auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit lediglich aus Anlass eines Firmenjubiläums erfolgen (>BFH vom 03.07.1987 – BStBl II S. 820),
- bei Versorgungsleistungen aus einer Pensionszusage, die an die Stelle einer in einem vergangenen Jahr erdienten variablen Vergütung (Bonus) treten (>BFH vom 31.08.2016 – BStBl II 2017 S. 322),
- bei einer gewährten Prämie an einen Arbeitnehmer für einen Verbesserungsvorschlag, wenn sie nicht nach dem Zeitaufwand des Arbeitnehmers, sondern ausschl. nach der Kostenersparnis des Arbeitgebers in einem bestimmten künftigen Zeitraum berechnet wird (>BFH vom 31.08.2016 – BStBl II 2017 S. 322).
§ 34 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 34 Abs. 1 (Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit) kann in besonders gelagerten Ausnahmefällen anzuwenden sein:
- wenn die Vergütung dem Stpfl. aus wirtschaftlich vernünftigen Gründen nicht in einem Kj., sondern in zwei Kj. in Teilbeträgen zusammengeballt ausgezahlt wird (>BFH vom 16.09.1966 – BStBl III 1967 S. 2),
- wenn die Vergütung während eines Kj. in mehreren Teilbeträgen gezahlt werden (>BFH vom 11.06.1970 – BStBl II S. 639).
Gewinneinkünfte
Die Annahme außerordentlicher Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 setzt voraus, dass die Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten eine Progressionswirkung typischerweise erwarten lässt. Dies kann bei Einkünften i. S. d. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 dann der Fall sein, wenn:
- der Stpfl. sich während mehrerer Jahre ausschl. einer bestimmten Sache gewidmet und die Vergütung dafür in einem einzigen VZ erhalten hat oder
- eine sich über mehrere Jahre erstreckende Sondertätigkeit, die von der übrigen Tätigkeit des Stpfl. ausreichend abgrenzbar ist und nicht zum regelmäßigen Gewinnbetrieb gehört, in einem einzigen VZ entlohnt wird oder
- der Stpfl. für eine mehrjährige Tätigkeit eine Nachzahlung in einem Betrag aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung erhalten hat (>BFH vom 14.12.2006 – BStBl II 2007 S. 180),
- eine einmalige Sonderzahlung für langjährige Dienste aufgrund einer arbeitnehmerähnlichen Stellung geleistet wird (>BFH vom 07.07.2004 – BStBl II 2005 S. 276),
- durch geballte Nachaktivierung von Umsatzsteuer-Erstattungsansprüchen mehrerer Jahre ein Ertrag entsteht (>BFH vom 25.02.2014 – BStBl II S. 668 und vom 25.09.2014 – BStBl II 2015 S. 220),
- eine Nachzahlung der Kassenärztlichen Vereinigung, die insgesamt mehrere Jahre betrifft, ganz überwiegend in einem VZ ausgezahlt wird (>BFH vom 02.08.2016 – BStBl II 2017 S. 258).
Zusammenballung von Einkünften
Eine Zusammenballung von Einkünften ist nicht anzunehmen:
- wenn die Vertragsparteien die Vergütung bereits durch ins Gewicht fallende Teilzahlungen auf mehrere Kj. verteilt haben (>BFH vom 10.02.1972 – BStBl II S. 529),
- bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils, wenn der Stpfl. zuvor aufgrund einheitlicher Planung und im zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung einen Teil des ursprünglichen Mitunternehmeranteils ohne Aufdeckung der stillen Reserven übertragen hat (>BFH vom 09.12.2014 – BStBl II 2015 S. 529),
- wenn die Auszahlung der Gesamtvergütung in zwei VZ in etwa gleich großen Teilbeträgen erfolgt. Dabei ist es unerheblich, ob die Modalitäten des Zuflusses vereinbart oder dem Zahlungsempfänger aufgezwungen wurden (>BFH vom 02.08.2016 – BStBl II 2017 S. 258).
- R 34.5
Richtlinie
Anwendung der Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG
aufklappen ZuklappenBerechnung
11Für das gesamte z. v. E. i. S. d. § 32a Abs. 1 EStG – also einschließlich der außerordentlichen Einkünfte, soweit sie zur Einkommensteuer heranzuziehen sind – ist der Steuerbetrag nach den allgemeinen Tarifvorschriften zu ermitteln. 2Aus dem Verhältnis des sich ergebenden Steuerbetrags zu dem gerundeten z. v. E. ergibt sich der durchschnittliche Steuersatz, der auf vier Dezimalstellen abzurunden ist. 356 % dieses durchschnittlichen Steuersatzes, mindestens 14 %, ist der anzuwendende ermäßigte Steuersatz.
Beschränkung auf einen Veräußerungsgewinn
21Die Ermäßigung nach § 34 Abs. 3 Satz 1 bis 3 EStG kann der Stpfl. nur einmal im Leben in Anspruch nehmen, selbst dann, wenn der Stpfl. mehrere Veräußerungs‑ oder Aufgabegewinne innerhalb eines VZ erzielt. 2Dabei ist die Inanspruchnahme einer Steuerermäßigung nach § 34 EStG in VZ vor dem 1.1.2001 unbeachtlich (>§ 52 Abs. 47 Satz 8 EStG ). 3Wird der zum Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers gehörende Mitunternehmeranteil im Zusammenhang mit der Veräußerung des Einzelunternehmens veräußert, ist die Anwendbarkeit des § 34 Abs. 3 EStG für beide Vorgänge getrennt zu prüfen. 4Liegen hinsichtlich beider Vorgänge die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 EStG vor, kann der Stpfl. die ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 3 EStG entweder für die Veräußerung des Einzelunternehmens oder für die Veräußerung des Mitunternehmeranteiles beantragen. 5Die Veräußerung eines Anteils an einer Mitunternehmerschaft (Obergesellschaft), zu deren Betriebsvermögen die Beteiligung an einer anderen Mitunternehmerschaft gehört (mehrstöckige Personengesellschaft), stellt für die Anwendbarkeit des § 34 Abs. 3 EStG einen einheitlich zu beurteilenden Veräußerungsvorgang dar.
Nachweis der dauernden Berufsunfähigkeit
3R 16 Abs. 14 gilt entsprechend.
- H 34.5
Änderung des Wahlrechts
Eine Änderung des Wahlrechts auf Inanspruchnahme der ermäßigten Besteuerung gem. § 34 Abs. 3 kommt im Falle einer partiellen Durchbrechung der Bestandskraft nur in Betracht, wenn die damit verbundenen steuerlichen Folgen nicht über den durch § 351 Abs. 1 AO und § 177 AO gesetzten Rahmen hinausgehen. Dies gilt auch dann, wenn die partielle Durchbrechung der Bestandskraft des Folgebescheids durch einen den Veräußerungsgewinn ändernden Grundlagenbescheid ausgelöst wird (BFH vom 20.04.2023 – BStBl II S. 823).
Ausgliederung einer 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft
Der Gewinn aus der Aufgabe eines Betriebs unterliegt auch dann der Tarifbegünstigung, wenn zuvor im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe eine das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen übertragen oder überführt worden ist (>BFH vom 28.05.2015 – BStBl II S. 797).
BeispielH 34.2 (Berechnungsbeispiele) Beispiel 5
Rücknahme des Antrags
Die Rücknahme des Antrags nach § 34 Abs. 3 stellt kein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar (BFH vom 20.04.2023 – BStBl II S. 823).
Verbrauch der Steuerbegünstigung nach § 34 Abs. 3 Satz 1
Die Steuervergünstigung ist auch verbraucht, wenn das Finanzamt die Vergünstigung zu Unrecht gewährt hat. Dies gilt selbst dann, wenn dies ohne Antrag des Stpfl. geschieht und ein Betrag begünstigt besteuert wird, bei dem es sich tatsächlich nicht um einen Veräußerungsgewinn i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 handelt. Etwas anderes gilt nur, wenn es für den Stpfl. angesichts der geringen Höhe der Ver-günstigung und wegen des Fehlens eines Hinweises des Finanzamts nicht erkennbar war (>BFH vom 28.09.2021 – BStBl II 2022 S. 169).
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