I. Kapitalvermögen (§ 20 EStG)
1. Laufende Erträge (§ 20 Absatz 1 EStG)
a) Dividenden (§ 20 Absatz 1 Nummer 1 EStG)
Nachzahlungen
Werden einem Steuerpflichtigen Nachzahlungsbeträge im Zusammenhang mit Anteilen an Kapitalgesellschaften zugewiesen und ist die Rechtsnatur der Zahlungen nicht eindeutig erkennbar, hat die auszahlende Stelle im Zweifelsfall die Erträge als Kapitalertrag im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 EStG zu behandeln.
Einkommensteuerrechtliche Behandlung der Erträge aus einer Limited Liability Company (LLC), Limited Partnership (LP) oder einer Master Limited Partnership (MLP)
Bestimmte Gesellschaften – beispielsweise in der Rechtsform einer LLC, LP oder einer MLP –, deren Anteile als depotfähige Wertpapiere an einer Börse gehandelt werden, können nach ausländischem Steuerrecht ein Wahlrecht zur Besteuerung als Kapital‑ oder Personengesellschaft haben. Erträge aus solchen Gesellschaften sind für das Steuerabzugsverfahren auch dann als Dividendenerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 EStG zu behandeln, wenn nach ausländischem Steuerrecht zur Besteuerung als Personengesellschaft optiert wurde.
Die Anrechnung der ausländischen Quellensteuer findet allein im Veranlagungsverfahren statt. Hinsichtlich der steuerlichen Einordnung beispielsweise einer LLC, LP oder einer MLP als Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft gelten die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 19. März 2004 (BStBl I S. 411) unter Berücksichtigung der Ausführungen in Textziffer 1.2 des BMF-Schreibens vom 26. September 2014 (BStBl I S. 1258).
b) Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter (§ 20 Absatz 1 Nummer 4 EStG)
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auf Grund einer Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter gehört der dem stillen Gesellschafter zugewiesene Gewinn oder der unter Berücksichtigung der §§ 15a, 15b EStG zuzurechnende Verlust. Wird dem stillen Gesellschafter im Rahmen der Auseinandersetzung sein Guthaben zugewiesen, werden bei der Ermittlung des Gewinns im Sinne des § 20 Absatz 4 EStG die als laufende Einkünfte berücksichtigten Gewinn oder Verlustanteile, die das Auseinandersetzungsguthaben erhöht oder gemindert haben, vom Gewinn abgerechnet oder dem Gewinn hinzugerechnet.
Beispiel:
A beteiligt sich im Jahr 09 als typisch stiller Gesellschafter an dem Einzelunternehmen des B mit einer Einlage von 100.000 €. Auf den stillen Gesellschafter entfallen in den Jahren 10 und 11 jeweils Verluste in Höhe von 10.000 €. Die Verluste werden jeweils von der Einlage des stillen Gesellschafters abgebucht.
Im Jahr 12 erhält er sein Auseinandersetzungsguthaben in Höhe von 80.000 €.
Lösung:
Die laufenden Verlustanteile können unabhängig davon, ob der stille Gesellschafter eine nahestehende Person im Sinne des § 32d Absatz 2 Nummer 1 EStG ist, als Verlust im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 4 EStG berücksichtigt werden.
Durch die Vereinnahmung des Auseinandersetzungsguthabens erzielt A Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2 EStG. A erzielt einen Gewinn im Sinne des § 20 Absatz 4 Satz 1 EStG in Höhe von 0 € (Einlage 100.000 € abzüglich Auseinandersetzungsguthaben in Höhe von 80.000 € zuzüglich Verlust in Höhe von 20.000 €).
c) Lebensversicherungen (§ 20 Absatz 1 Nummer 6 EStG)
Hinweis auf BMF-Schreiben vom 1. Oktober 2009 (BStBl I S. 1172), zuletzt geändert durch BMF-Schreiben vom 9. August 2019 (BStBl I S. 829).
d) Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen
(§ 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG)
Optionsanleihe
Bei einer Optionsanleihe besitzt der Inhaber neben dem Recht auf Rückzahlung des Nominalbetrags ein in einem Optionsschein verbrieftes Recht, innerhalb der Optionsfrist eine bestimmte Anzahl von Aktien des Emittenten oder einer anderen Gesellschaft, Anleihen, Fremdwährungen, Edelmetalle oder andere Basiswerte zu einem festgelegten Kaufpreis zu erwerben. Mit der Ausübung der Option erlischt der Anspruch auf Rückzahlung des Nominalbetrags der Anleihe nicht. Anleihe und Optionsschein können voneinander getrennt werden und sind sodann gesondert handelbar.
Dabei stellen Anleihe und Optionsschein jeweils selbständige Wirtschaftsgüter dar. Erträge aus der Anleihe sind nach § 20 Absatz 1 Nummer 7 und § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu behandeln. Unabhängig davon, ob der Optionsschein noch mit der Anleihe verbunden ist oder bereits von ihr getrennt wurde, gilt für seine einkommensteuerrechtliche Behandlung die Rn. 8, zu den Anschaffungskosten des Basiswerts im Falle der Ausübung der Option, vgl. Rn. 86.
In Optionsscheinen verbriefte Kapitalforderungen
Optionsscheine sind Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG. Bei Optionsscheinen ist das Optionsrecht in einem Wertpapier verbrieft. Der Erwerber des Optionsscheins nimmt stets die Position des Berechtigten ein. Er erwirbt entweder eine Kaufoption oder eine Verkaufsoption, während der Emittent die Stillhalter-Position einnimmt. Optionsscheine sehen überwiegend einen Barausgleich vor. Das Optionsrecht kann nicht durch ein glattstellendes Gegengeschäft zum Erlöschen gebracht werden.
Optionsscheine können mit Zusatzvereinbarungen ausgestattet sein, die neben dem Optionsrecht z. B.
- eine Zusatzprämie beim Eintritt bestimmter Bedingungen gewähren,
- hinsichtlich des Barausgleichs mit einer Obergrenze („cap“) ausgestattet sind,
- besondere Berechnungsmodalitäten für den Barausgleich vorsehen oder
- Zusatzvereinbarungen über Ausübung oder Verfall des Optionsrechts beinhalten.
Optionsscheine können mit einer Schuldverschreibung (Anleihe) verbunden sein (Optionsanleihe), vgl. Rn. 6 letzter Satz.
Die Emissionsbedingungen eines als Optionsschein bezeichneten Wertpapiers können Regelungen enthalten, die dem Inhaber des Optionsscheins eine Rückzahlung des eingesetzten Kapitals oder ein Entgelt für die Kapitalüberlassung zusagen oder gewähren (z. B. sog. airbag-warrants). Auch durch eine Kombination von Optionsscheinen kann sich der Käufer eine Kapitalrückzahlung oder ein Entgelt für die Kapitalüberlassung sichern (z. B. sog. capped warrants). Bei Verlusten aus dem Verfall von Optionsscheinen ist die Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 6 EStG zu berücksichtigen (siehe auch Rn. 118).
Laufende Erträge aus einem Zertifikat gehören zu den Kapitaleinkünften gemäß § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG
Liegen bei einem Vollrisikozertifikat mehrere Zahlungszeitpunkte bis zur Endfälligkeit vor, sind die Erträge zu diesen Zeitpunkten Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG (BFH-Urteil vom 29. Oktober 2019 – VIII R 16/16, BStBl II 2020 S. 254); dies gilt nicht, wenn die Emissionsbedingungen von vornherein eindeutige Angaben zur Tilgung oder zur Teiltilgung während der Laufzeit vorsehen und die Vertragspartner entsprechend verfahren. Erfolgt bei diesen Zertifikaten zum Zeitpunkt der Endfälligkeit keine Zahlung mehr, liegt zum Zeitpunkt der Endfälligkeit eine Rückzahlung zu Null und damit ein veräußerungsgleicher Vorgang im Sinne des § 20 Absatz 2 EStG vor.
Sind bei einem Zertifikat im Zeitpunkt der Endfälligkeit keine Zahlungen vorgesehen, weil der Basiswert eine nach den Emissionsbedingungen vorgesehene Bandbreite verlassen hat, oder kommt es durch das Verlassen der Bandbreite zu einer (vorzeitigen) Beendigung des Zertifikats (sogenanntes „Knock-out-Zertifikat“) ohne weitere Kapitalrückzahlungen, liegt eine Einlösung zu Null und damit ebenfalls ein veräußerungsgleicher Tatbestand im Sinne des § 20 Absatz 2 EStG vor (BFH-Urteil vom 20. November 2018 – VIII R 37/15, BStBl II 2019 S. 507). Die Anschaffungskosten des Zertifikates sind als Verlust zu berücksichtigen. Für die Verluste ist die Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 6 EStG zu berücksichtigen (siehe auch Rn. 118). Entsprechendes gilt für das Erreichen der Knock-out-Schwelle.
Nutzungsersatz bei Rückabwicklung von Darlehensverträgen und auf rückerstattete Kreditbearbeitungsgebühren sowie gezahlte Prozess und Verzugszinsen
Zahlen Kreditinstitute einen Nutzungsersatz auf rückerstattete Kreditbearbeitungsgebühren oder erhält ein Kreditnehmer aus der Rückabwicklung eines Darlehensvertrages einen Nutzungsersatz für die von ihm an den Darlehensgeber erbrachten Leistungen, handelt es sich um einkommensteuerpflichtige Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG, bei denen nach § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b EStG eine Verpflichtung zum Kapitalertragsteuerabzug besteht. Dies gilt entsprechend für Prozess‑ oder Verzugszinsen sowie geleisteten Nutzungsersatz in anderen Fällen (z. B. Zinsen auf erstattete Kontoführungsgebühren).
Wurde ein solcher Nutzungsersatz ohne Einbehalt von Kapitalertragsteuer ausgezahlt, haben die Kreditinstitute den Steuerabzug nach Maßgabe der Rn. 241 letzter Absatz zu korrigieren.
Kapitalertragsteuerabzug bei Erstattung von Darlehenszinsen auf darlehensfinanzierte Kreditbearbeitungsgebühren
Werden durch ein Kreditinstitut Darlehenszinsen auf eine in die Finanzierung eingeschlossene Kreditbearbeitungsgebühr erstattet, liegen keine Einkünfte nach § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG vor; für einen ggf. übersteigenden Betrag gilt Rn. 8b.
2. Gewinne aus Veräußerung, Einlösung, Termingeschäften
(§ 20 Absatz 2 EStG)
a) Termingeschäfte (§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 EStG) und Stillhaltergeschäfte (§ 20 Absatz 1 Nummer 11 EStG)
Begriff des Termingeschäfts
Der Begriff des Termingeschäfts umfasst sämtliche als Options‑ oder Festgeschäft ausgestaltete Finanzinstrumente sowie Kombinationen zwischen Options‑ und Festgeschäften, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Preis unmittelbar oder mittelbar abhängt von
- dem Börsen‑ oder Marktpreis von Wertpapieren,
- dem Börsen‑ oder Marktpreis von Geldmarktinstrumenten,
- dem Kurs von Devisen oder Rechnungseinheiten,
- Zinssätzen oder anderen Erträgen oder
- dem Börsen‑ oder Marktpreis von Waren oder Edelmetallen.
Zu den Termingeschäften gehören insbesondere Optionsgeschäfte, Swaps, Devisentermingeschäfte und Forwards oder Futures, vgl. Rn. 36 und 37 sowie Contracts for Difference (CFDs). CFDs sind Verträge zwischen zwei Parteien, die auf die Kursentwicklung eines bestimmten Basiswerts spekulieren. Basiswerte können beispielsweise Aktien, Indizes, Währungspaare oder Zinssätze sein. Zertifikate und Optionsscheine gehören nicht zu den Termingeschäften, vgl. Rn. 8 f.
Beim Optionsgeschäft hat der Käufer der Option das Recht, jedoch nicht die Verpflichtung, zu einem späteren Zeitpunkt ein Geschäft, z. B. den Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers, zu vorab festgelegten Konditionen abzuschließen (bedingtes Termingeschäft). Im Gegensatz dazu gehen beim Festgeschäft beide Vertragsparteien bereits bei Abschluss des Geschäfts die feste Verpflichtung ein, zu einem späteren Zeitpunkt z. B. einen bestimmten Kaufgegenstand zum vereinbarten Preis zu erwerben oder zu liefern (unbedingtes Termingeschäft).
Optionsgeschäfte
Inhalt des Optionsgeschäfts
Beim Optionsgeschäft erwirbt der Käufer der Option (Optionsnehmer) vom Verkäufer der Option (Optionsgeber oder sogenannte Stillhalter) gegen Bezahlung einer Optionsprämie das Recht, eine bestimmte Anzahl Basiswerte (z. B. Aktien) am Ende der Laufzeit oder jederzeit innerhalb der Laufzeit der Option (so möglich bei EUREX-Optionen) zum vereinbarten Basispreis entweder vom Verkäufer der Option zu kaufen (Kaufoption oder „call“) oder an ihn zu verkaufen (Verkaufsoption oder „put“). Diesem Recht des Optionskäufers steht die entsprechende Verpflichtung des Verkäufers der Option gegenüber, die Basiswerte zu liefern oder abzunehmen, wenn der Optionskäufer sein Optionsrecht ausübt.
Ist die effektive Abnahme oder Lieferung des Basiswertes auf Grund der Natur der Sache (z. B. bei Indizes) oder auf Grund von Handelsbedingungen (z. B. bei EUREX-Optionen auf Futures) ausgeschlossen, besteht die Verpflichtung des Optionsgebers bei Ausübung der Option durch den Optionskäufer in der Zahlung der Differenz zwischen vereinbartem Basispreis und Tageskurs des Basiswerts (Barausgleich oder „cash-settlement“). Ein Barausgleich kann bei jeder Option vereinbart werden, auch wenn der Basiswert lieferbar ist.
- mit Ablauf der Optionsfrist durch Verfall,
- durch Ausübung der Option oder
- an der EUREX auch durch sogenannte Glattstellung.
Bei Glattstellung tätigt der Anleger ein Gegengeschäft, d. h. z. B. der Inhaber einer Kauf‑ oder Verkaufsoption verkauft eine Option derselben Serie, aus der er zuvor gekauft hat. Kennzeichnet er das Geschäft als Glattstellungs‑ oder closing-Geschäft, bringt er damit Rechte und Pflichten aus beiden Geschäften zum Erlöschen. Umgekehrt kann sich auch der Optionsverkäufer (Stillhalter) vor Ablauf der Optionsfrist durch Kauf einer Option derselben Serie aus seiner Verpflichtung lösen.
Anders als bei außerbörslichen Optionsgeschäften und bei Optionsscheinen ist es einem Anleger an der EUREX nur sehr eingeschränkt und nur innerhalb eines kurzen Zeitraums möglich, die erworbene Option auf einen Dritten zu übertragen.
Anleger können grundsätzlich vier Grundpositionen eingehen:
- Kauf einer Kaufoption („long call“),
- Kauf einer Verkaufsoption („long put“),
- Verkauf einer Kaufoption („short call“),
- Verkauf einer Verkaufsoption („short put“).
Darüber hinaus ist an der EUREX auch der standardisierte Abschluss eines sogenannten Kombinationsgeschäfts, d. h. einer Kombination von jeweils zwei Grundgeschäften in einem Abschluss möglich. Zu unterscheiden sind:
- „spreads“: Gleichzeitiger Kauf und Verkauf von Optionen der gleichen Serie, aber mit unterschiedlichem Basispreis und/oder Verfalldatum;
- „straddles“: Gleichzeitiger Kauf einer Kauf‑ und einer Verkaufsoption mit gleichem Basiswert, Basispreis und Verfalldatum;
- „strangles“: Gleichzeitiger Kauf einer Kauf‑ und einer Verkaufsoption mit gleichem Basiswert und Verfalldatum, aber unterschiedlichem Basispreis.
Besonderheiten bei Optionsscheinen
Einkommensteuerrechtliche Behandlung eines Optionsgeschäfts
Kauf einer Kaufoption
Die gezahlten Optionsprämien sind Anschaffungskosten des Käufers für das Wirtschaftsgut „Optionsrecht“. Beim Erwerb der Option anfallende Bankspesen, Provisionen und andere Transaktionskosten sind Teil der Anschaffungskosten.
Ausübung einer Kaufoption
Übt der Inhaber die Kaufoption aus und wird der Basiswert geliefert, gehören die Anschaffungs‑ und Anschaffungsnebenkosten des Optionsrechts zu den Anschaffungskosten des Basiswerts.
Erhält der Inhaber an Stelle des Basiswerts einen Barausgleich, liegen Kapitaleinkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a EStG vor. Die Anschaffungs‑ und Anschaffungsnebenkosten des Optionsrechts sind bei der Ermittlung des Gewinns gemäß § 20 Absatz 4 Satz 5 EStG zu berücksichtigen.
Erzielt der Inhaber der Kaufoption aus diesem Geschäft einen Verlust, weil der Barausgleich die Anschaffungs‑ und Anschaffungsnebenkosten des Optionsrechts nicht deckt, so ist die Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG zu berücksichtigen (siehe auch Rn. 118).
Veräußerung und Glattstellung einer Kaufoption
Veräußert der Inhaber die Kaufoption, erzielt er Kapitaleinkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b EStG; Entsprechendes gilt bei einer Veräußerung mit closing-Vermerk, vgl. Rn. 13. Gewinn oder Verlust gemäß § 20 Absatz 4 Satz 1 EStG ist in diesem Fall der Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungs‑ und Anschaffungsnebenkosten der Kaufoption und der aus dem glattstellenden Abschluss des Stillhaltergeschäfts erzielten Optionsprämie. Für einen Verlust aus der Veräußerung einer Kaufoption ist die Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG zu berücksichtigen (siehe auch Rn. 118).
Beispiel:
Privatkunde K erwirbt am 1. März über seine Bank an der EUREX zehn Kaufoptionen über je 100 Aktien der S-AG zum Basispreis von 320 €, weil er für die nächsten Monate mit einem Kursanstieg der Aktie rechnet (Kurs der S-Aktie am 1. März 309,60 €). Verfallmonat der Kaufoption ist Juli. K entrichtet eine Optionsprämie von 1.000 x 20,40 € = 20.400 € zuzüglich 250 € Spesen. Am 1. April ist der Kurs der S-Aktie auf 350 € gestiegen. Das Recht, die Aktien zu einem Basispreis von 320 € zu kaufen, ist jetzt 50 € wert (innerer Wert 30 €, angenommener Zeitwert 20 €).
K beschließt daher, seine Position durch ein Gegengeschäft glattzustellen, d. h. er verkauft über seine Bank zehn EUREX-Kaufoptionen über je 100 Aktien der S-AG zum Basispreis von 320 €, Verfallmonat Juli, mit closing-Vermerk. K erhält dafür am 2. April eine Optionsprämie von 1.000 x 50 € = 50.000 € abzüglich 500 € Spesen.
Lösung:
K hat einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe von (50.000 € ./. 500 € ./. 20.400 € ./. 250 € =) 28.850 € erzielt.
Einkommensteuerrechtliche Behandlung des Stillhalters bei einer Kaufoption
Der Stillhalter erhält die Optionsprämie für seine Bindung und die Risiken, die er durch die Einräumung des Optionsrechts während der Optionsfrist eingeht. Die Optionsprämie stellt bei ihm ein Entgelt im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 11 EStG dar.
Werden Stillhalterprämien vereinnahmt, unterliegen diese in diesem Zeitpunkt dem Kapitalertragsteuerabzug im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8 EStG. Schließt der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäft ab, sind die gezahlten Prämien und die damit im Zusammenhang angefallenen Nebenkosten zum Zeitpunkt der Zahlung als negativer Kapitalertrag in den sogenannten Verlustverrechnungstopf im Sinne des § 43a Absatz 3 Satz 2 EStG einzustellen. Gleiches gilt, wenn die im Zusammenhang mit erhaltenen Prämien angefallenen Nebenkosten die vereinnahmten Stillhalterprämien mindern, da es insoweit unerheblich ist, ob die Nebenkosten im Zeitpunkt der Glattstellung oder der Vereinnahmung angefallen sind.
Übt der Inhaber die Kaufoption aus und liefert der Stillhalter den Basiswert, liegt beim Stillhalter ein Veräußerungsgeschäft nach § 20 Absatz 2 EStG hinsichtlich des Basiswerts vor, wenn der Basiswert ein Wirtschaftsgut im Sinne des § 20 Absatz 2 EStG (z. B. Aktie) ist. Die vereinnahmte Optionsprämie, die nach § 20 Absatz 1 Nummer 11 EStG zu versteuern ist, wird bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nicht berücksichtigt. Hat der Stillhalter einen Barausgleich zu leisten, ist dieser als Verlust aus einem Termingeschäft nach § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a EStG zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 20. Oktober 2016 – VIII R 55/13, BStBl II 2017 S. 264). Für einen Verlust aus einem geleisteten Barausgleich ist die Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG zu berücksichtigen (siehe auch Rn. 118).
Verfall einer Kaufoption
Lässt der Inhaber der Kaufoption diese am Ende der Laufzeit verfallen, sind die für den Erwerb der Kaufoption entstandenen Aufwendungen bei der Ermittlung des Gewinns (oder Verlusts) im Sinne des § 20 Absatz 4 Satz 5 EStG zu berücksichtigen (BFH-Urteile vom 12. Januar 2016 – IX R 48/14, IX R 49/14, IX R 50/14, BStBl II S. 456, 459 und 462). Dies gilt auch, wenn die Kaufoption vorzeitig durch Erreichen eines Schwellenwerts verfällt (Kaufoption mit Knock-out-Charakter). Für einen Verlust aus dem wertlosen Verfall einer Kaufoption ist die Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG zu berücksichtigen (siehe auch Rn. 118).
Kauf einer Verkaufsoption
Die gezahlten Optionsprämien sind Anschaffungskosten des Käufers für das Wirtschaftsgut „Optionsrecht“. Beim Erwerb der Option anfallende Bankspesen, Provisionen und andere Transaktionskosten gehören zu den Anschaffungskosten.
Ausübung einer Verkaufsoption
Übt der Inhaber die Verkaufsoption aus und liefert er den Basiswert, liegt ein Veräußerungsgeschäft nach § 20 Absatz 2 EStG hinsichtlich des Basiswerts vor, wenn dieser ein Wirtschaftsgut im Sinne des § 20 Absatz 2 EStG (z. B. Aktien oder Anleihe) ist. Die Anschaffungs‑ und Anschaffungsnebenkosten des Optionsrechts sind gemäß § 20 Absatz 4 Satz 1 EStG zu berücksichtigen.
Erhält der Inhaber der Verkaufsoption einen Barausgleich, liegen Kapitaleinkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a EStG vor. Die Anschaffungskosten des Optionsrechts sind gemäß § 20 Absatz 4 Satz 5 EStG zu berücksichtigen.
Erzielt der Inhaber der Verkaufsoption aus diesem Geschäft einen Verlust, weil der Barausgleich die Anschaffungs‑ und Anschaffungsnebenkosten des Optionsrechts nicht deckt, so ist die Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG zu berücksichtigen (siehe auch Rn. 118).
Veräußerung und Glattstellung einer Verkaufsoption
Veräußert der Inhaber die Verkaufsoption, liegt ein Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b EStG vor. Verkauft der Inhaber einer Verkaufsoption eine Verkaufsoption derselben Serie mit closing-Vermerk, gilt Entsprechendes. Gewinn oder Verlust ist in diesem Fall der Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten der Verkaufsoption und der aus dem glattstellenden Abschluss des Stillhaltergeschäfts erzielten Optionsprämie. Für einen Verlust aus der Veräußerung oder Glattstellung einer Verkaufsoption ist die Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG zu berücksichtigen (siehe auch Rn. 118).
Verfall einer Verkaufsoption
Lässt der Inhaber der Verkaufsoption diese am Ende der Laufzeit verfallen, sind die für den Erwerb der Verkaufsoption entstandenen Aufwendungen bei der Ermittlung des Gewinns (oder Verlusts) im Sinne des § 20 Absatz 4 Satz 5 EStG zu berücksichtigen (BFH-Urteile vom 12. Januar 2016 – IX R 48/14, IX R 49/14, IX R 50/14, BStBl II S. 456, 459 und 462). Dies gilt auch, wenn die Verkaufsoption vorzeitig durch Erreichen eines Schwellenwertes verfällt (Verkaufsoption mit Knock-out-Charakter). Für einen Verlust aus dem wertlosen Verfall einer Verkaufsoption ist die Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG zu berücksichtigen (siehe auch Rn. 118).
Einkommensteuerrechtliche Behandlung des Stillhalters bei einer Verkaufsoption
Übt der Inhaber die Verkaufsoption aus und liefert er den Basiswert, liegt beim Stillhalter ein Anschaffungsgeschäft nach § 20 Absatz 2 EStG hinsichtlich des Basiswerts vor, wenn es sich dabei um ein Wirtschaftsgut im Sinne des § 20 Absatz 2 EStG handelt. Bei einer späteren Veräußerung wird die vereinnahmte Optionsprämie, die nach § 20 Absatz 1 Nummer 11 EStG zu versteuern ist, bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nicht berücksichtigt. Schließt der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäft ab, sind die gezahlten Prämien und die damit im Zusammenhang angefallenen Nebenkosten zum Zeitpunkt der Zahlung als negativer Kapitalertrag in den sogenannten Verlustverrechnungstopf im Sinne des § 43a Absatz 3 Satz 2 EStG einzustellen. Gleiches gilt, wenn die im Zusammenhang mit erhaltenen Prämien angefallenen Nebenkosten die vereinnahmten Stillhalterprämien mindern, da es insoweit unerheblich ist, ob die Nebenkosten im Zeitpunkt der Glattstellung oder der Vereinnahmung angefallen sind.
Hat der Stillhalter auf Grund des Optionsgeschäfts einen Barausgleich zu leisten, ist dieser als Verlust aus einem Termingeschäft nach § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a EStG zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 20. Oktober 2016 – VIII R 55/13, BStBl II 2017 S. 264). Für Verluste aus Termingeschäften ist die Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG zu berücksichtigen (siehe auch Rn. 118).
Kombinationsgeschäfte, vgl. Rn. 16
Da jedes sogenannte Kombinationsgeschäft aus mindestens zwei rechtlich selbständigen Grundgeschäften besteht, gelten für ihre einkommensteuerrechtliche Behandlung die Regelungen für Grundgeschäfte, vgl. Rn. 21 bis 34, entsprechend. Die gezahlte oder erhaltene Optionsprämie ist im Verhältnis der am Kauftag für die Grundgeschäfte zu zahlenden Optionsprämien aufzuteilen. Entsprechendes gilt, wenn zwei oder mehr gleichgerichtete Grundgeschäfte kombiniert werden.
Beispiel:
Der Kurs der B-Aktie liegt im Februar bei 41 €. Anleger A erwartet für Ende März ein Kurspotential von bis zu 44 €. Es lässt sich aber auch eine gegenläufige Entwicklung nicht ausschließen. A kauft im Februar eine EUREX-Kaufoption über 100 B-Aktien mit Fälligkeit März und einem Basispreis von 42 €. Gleichzeitig verkauft A eine EUREX-Kaufoption über 100 B-Aktien mit Fälligkeit März und einem Basispreis von 44 €. Für diesen sogenannten „Spread“ („Bull Call Spread“) muss A insgesamt eine Prämie von 100 € zahlen. Diese ergibt sich als Differenz aus 195 € zu zahlender Optionsprämie für den Kauf der Kaufoption und 95 € erhaltener Optionsprämie für den Verkauf der Kaufoption. Im März beträgt der Kurs der B-Aktie 44 €. A stellt die gekaufte Kaufoption glatt und erhält eine Optionsprämie von 200 €.
Lösung:
Die vereinnahmte Optionsprämie von 95 € führt zu Einnahmen nach § 20 Absatz 1 Nummer 11 EStG. A erzielt des Weiteren mit der Glattstellung einen Veräußerungsgewinn nach § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b EStG von 200 € ./. 195 € = 5 €. Die verkaufte Kaufoption verfällt, weil sich der Ausübungspreis mit dem Kurs der Aktie deckt.
Als Festgeschäft ausgestaltete Termingeschäfte (Futures und Forwards)
Futures und Forwards stellen im Gegensatz zu Optionen für Käufer und Verkäufer die feste Verpflichtung dar, nach Ablauf einer Frist einen bestimmten Basiswert (z. B. Anleihen) zum vereinbarten Preis abzunehmen oder zu liefern. Mit dem Begriff Futures werden die an einer amtlichen Terminbörse (z. B. EUREX) gehandelten, standardisierten Festgeschäfte, mit dem Begriff Forwards die außerbörslich gehandelten, individuell gestalteten Festgeschäfte bezeichnet. Bei physisch nicht lieferbaren Basiswerten (z. B. Aktienindex) wandelt sich die Verpflichtung auf Lieferung oder Abnahme in einen Barausgleich in Höhe der Differenz zwischen Kaufpreis des Kontrakts und dem Wert des Basisobjekts bei Fälligkeit des Kontrakts.
Wird bei Fälligkeit eines Future-Kontrakts ein Differenzausgleich gezahlt, erzielt der Empfänger einen Gewinn und der Zahlende einen Verlust aus einem Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a EStG.
Bei an der EUREX gehandelten Futures ist als Differenzausgleich die Summe oder die Differenz der während der Laufzeit eines Kontrakts geleisteten Zahlungen im Zeitpunkt der Fälligkeit des Kontrakts zu erfassen.
Bei der Glattstellung eines Future-Kontrakts liegt ein Termingeschäft im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a EStG vor. Der Gewinn oder Verlust ergibt sich aus der Summe oder Differenz aller während der Laufzeit des Kontrakts geleisteten Zahlungen.
Wird der Basiswert geliefert, sind die auf den Future-Kontrakt geleisteten Zahlungen sowie die Nebenkosten des Future-Kontrakts beim Käufer Anschaffungskosten des Basiswerts. Veräußert der Käufer den Basiswert, liegt bei ihm ein Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 20 Absatz 2 EStG vor, wenn dieser ein Wirtschaftsgut im Sinne des § 20 Absatz 2 EStG darstellt.
Auch bei den Kapitalmarkt-Futures kann es zur Lieferung kommen. Bei den an der EUREX z. B. auch gehandelten Kapitalmarkt-Futures kauft oder verkauft der Anleger z. B. fiktive Schuldverschreibungen mit verschiedener Laufzeit, die jeweils mit einer Verzinsung ausgestattet sind. Dabei sind die tatsächlich gelieferten mit den fiktiven Schuldverschreibungen des Future-Kontrakts als wirtschaftlich identisch anzusehen.
Wird durch Glattstellung oder Zahlung eines Differenzausgleichs durch einen der Beteiligten eines Future-Kontrakts ein Verlust erzielt, so ist die Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG zu berücksichtigen (siehe auch Rn. 118).
Einkommensteuerrechtliche Behandlung von Forwards
Für die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Forwards gilt die Rn. 36 entsprechend.
Besonderheiten bei Devisentermingeschäften
Devisentermingeschäfte können die Verpflichtung der Vertragsparteien zum Gegenstand haben, zwei vereinbarte Währungsbeträge zu einem zukünftigen Zeitpunkt zu einem vorher festgelegten Terminkurs auszutauschen. Devisentermingeschäfte können nach dem Willen der Vertragsparteien aber auch ausschließlich auf die Erzielung eines Differenzausgleichs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a EStG gerichtet sein, selbst wenn sie äußerlich in die Form eines Kaufvertrags gekleidet sind. Dies gilt auch bei Abschluss eines Eröffnungsgeschäftes mit nachfolgendem Gegengeschäft, wenn das Gegengeschäft auf einen Differenzausgleich in Bezug auf das Eröffnungsgeschäft gerichtet ist. Beide Geschäfte müssen derart miteinander verknüpft sein, dass der auf die Realisierung einer positiven oder negativen Differenz aus Eröffnungs‑ und Gegengeschäft gerichtete Wille der Vertragsbeteiligten erkennbar ist, vgl. BFH-Urteil vom 24. Oktober 2017 – VIII R 35/15, BStBl II 2018 S. 189). Davon ist auszugehen, wenn der Kunde eine Order mit Closingvermerk aufgibt. Demgegenüber genügt es nicht, dass dem Eröffnungsgeschäft tatsächlich ein Gegengeschäft lediglich nachfolgt, das dessen Erfüllung dient.
Ein auf Differenzausgleich gerichtetes Devisentermingeschäft liegt auch vor, wenn die Vertragsbeteiligten ausdrücklich oder stillschweigend vereinbaren, dass keine effektive Lieferung, sondern ein Differenzausgleich erfolgen soll.
Verluste aus Devisentermingeschäften, die auf einen Differenzausgleich gerichtet sind, unterliegen der Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG (siehe auch Rn. 118).
Kommt es zur effektiven Lieferung des Fremdwährungsbetrags und tauscht der Käufer diesen innerhalb eines Jahres nach Abschluss des Devisentermingeschäfts in Euro oder eine andere Währung um, führt dies zu einem privaten Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG. Dasselbe gilt, wenn am Fälligkeitstag ein auf Euro lautendes Konto des Käufers mit dem Kaufpreis belastet und ihm gleichzeitig der Euro-Betrag gutgeschrieben wird, welcher der auf Termin gekauften Fremdwährung entspricht. In diesem Fall wird die mit dem Devisentermingeschäft erworbene Fremdwährung am Fälligkeitstag geliefert und unmittelbar danach in Euro zurückgetauscht.
Zinsbegrenzungsvereinbarungen
Bei Zinsbegrenzungsvereinbarungen sind der Optionsinhaber und der Stillhalter wie folgt zu behandeln:
Kauf einer Zinsbegrenzungsvereinbarung (Rechtsstellung des Optionsinhabers)
Zinsbegrenzungsvereinbarungen sind Verträge, in denen sich einer der Vertragspartner (der Verkäufer) verpflichtet, an einen anderen Vertragspartner (den Käufer) Ausgleichszahlungen zu leisten, wenn ein bestimmter Zinssatz eine gewisse Höhe über‑ oder unterschreitet. Ihre Grundformen sind Caps (Zinsoberbegrenzungen), Floors (Zinsunterbegrenzungen) und Collars (eine Kombination aus Caps und Floors).
Da die Ausgleichszahlungen in Abhängigkeit von der Entwicklung einer bestimmten Bezugsgröße, dem Referenzzinssatz, gezahlt werden, sind Zinsbegrenzungsvereinbarungen als Termingeschäfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a EStG zu klassifizieren. Ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach werden Zinsbegrenzungsvereinbarungen als eine Reihe von Zinsoptionen beurteilt.
Caps, Floors und Collars können dabei nach analogen Grundsätzen behandelt werden. Die Zahlung der Prämie zum Zeitpunkt des Erwerbs der Zinsbegrenzungsvereinbarung stellt die Anschaffung eines Optionsrechts bzw. mehrerer hintereinander gestaffelter Optionsrechte dar. Zinsbegrenzungsvereinbarungen stellen Dauerschuldverhältnisse dar, deren Leistungen sich zu bestimmten vertraglich vereinbarten Terminen konkretisieren.
Im Sinne einer cash-flow-Besteuerung ist an die während der Laufzeit des Kontrakts zu leistenden Ausgleichszahlungen anzuknüpfen. Die für den Erwerb der Zinsbegrenzungsvereinbarung getätigten Aufwendungen werden zum Zeitpunkt der ersten Ausgleichszahlung berücksichtigt (§ 20 Absatz 4 Satz 5 EStG), d. h. sie mindern den Ertrag oder erhöhen den nach § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG zu berücksichtigenden Verlust.
Kommt es zu keiner Ausgleichszahlung über die gesamte Vertragslaufzeit, weil der Referenzzinssatz die Zinsobergrenze zu keinem Zeitpunkt überschreitet oder die Zinsuntergrenze zu keinem Zeitpunkt unterschreitet, sind die für den Verfall von Optionen geltenden Rechtsgrundsätze anzuwenden. Die Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG ist zu berücksichtigen (siehe auch Rn. 118).
Verkauf einer Zinsbegrenzungsvereinbarung (Stillhalterposition)
Die zu Vertragsbeginn vereinnahmte Prämie zählt zu den nach § 20 Absatz 1 Nummer 11 EStG abgeltungsteuerpflichtigen Kapitalerträgen. Die vom Stillhalter einer derartigen Vereinbarung zu leistenden Ausgleichszahlungen entsprechen der Entrichtung eines Differenzausgleiches und sind als Verlust aus einem Termingeschäft nach § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a EStG zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 20. Oktober 2016 – VIII R 55/13 – BStBl II 2017 S. 264).
Aktienswaps
Aktienswaps werden in der Regel dazu eingesetzt, aus einer Aktienposition resultierende Chancen und Risiken auf einen Vertragspartner (Sicherungsgeber, in der Regel die Hausbank) zu übertragen. Der Sicherungsgeber übernimmt dabei für die Laufzeit des Geschäfts das Kurs‑ und Dividendenrisiko aus den Aktien. Er erhält Dividendenausgleichszahlungen und bei Fälligkeit einen Ausgleich von etwaigen Wertsteigerungen der Aktien. Im Gegenzug ersetzt der Sicherungsgeber dem Sicherungsnehmer dessen Finanzierungskosten (Berechnungsgrundlage der vertraglich vereinbarten „Zinszahlungen“ ist der Marktwert der Aktienposition bei Vertragsabschluss) und leistet einen Ausgleich für etwaige Kursverluste.
Ein Kapitaltransfer in Höhe des Marktwertes der dem Swap-Geschäft zu Grunde liegenden Aktienpositionen findet regelmäßig nicht statt.
Die Anwendung der sachlich gebotenen Nettobetrachtung hat folgende steuerliche Konsequenzen:
(1)
| Vereinnahmung der Dividende:
Kapitalertrag im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 EStG. |
(2)
| Leistung einer Dividendenausgleichszahlung an die Hausbank (Sicherungsgeber):
Aufwendungen im Sinne des § 20 Absatz 4 Satz 5 EStG. |
(3)
| Vergütung etwaiger Wertsteigerungen an die Hausbank (Sicherungsgeber):
Aufwendungen im Sinne des § 20 Absatz 4 Satz 5 EStG. |
(4)
| „Zinszahlungen“ der Hausbank (Sicherungsgeber) an den Anleger:
Geldbetrag im Sinne des § 20 Absatz 4 Satz 5 EStG. |
(5)
| Ausgleich der Hausbank (Sicherungsgeber) für etwaige Kursverluste:
Geldbetrag im Sinne des § 20 Absatz 4 Satz 5 EStG. |
Die einzelnen Leistungen sind beim Steuerabzug zum Zeitpunkt des Zuflusses oder Abflusses zu berücksichtigen. Die Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG ist zu berücksichtigen (siehe auch Rn. 118).
Zinsswaps und andere Swapgeschäfte
Bei einem Zinsswap vereinbaren die Parteien für eine vertraglich bestimmte Laufzeit den Austausch von Geldbeträgen, welche sich in Bezug auf die Zinsberechnungsbasis unterscheiden. Kapitalbeträge werden nicht ausgetauscht, sondern dienen lediglich als Berechnungsbasis für die Ermittlung der auszutauschenden Geldbeträge. Im einfachsten Fall werden jährlich (halbjährlich, quartalsweise, monatlich) zu zahlende Festzinsbeträge gegen jährlich (halbjährlich, quartalsweise, monatlich) zu zahlende variable Zinsbeträge getauscht, die sich nach einem Referenzzins wie beispielsweise dem EURIBOR richten.
Häufig werden laufende Zinszahlungen gegen einmalig am Anfang oder am Ende der Laufzeit zu zahlende Beträge getauscht („Up-Front-Zinsswap“ oder „Balloon-Zinsswap“).
Zu beachten ist, dass Swapgeschäfte, ähnlich wie Zinsbegrenzungsvereinbarungen, Dauerschuldverhältnisse sind und als Termingeschäfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a EStG einzustufen sind.
Entsprechend den Regelungen zu Zinsbegrenzungsvereinbarungen ist an die während der Laufzeit jeweils erhaltenen und geleisteten Zinsbeträge anzuknüpfen. Up-Front oder Balloon-Payments sind zum jeweiligen Zahlungszeitpunkt zu berücksichtigen. Transaktionskosten sind als Aufwendungen im Sinne des § 20 Absatz 4 Satz 5 EStG zum Zeitpunkt ihrer Leistung zu berücksichtigen.
Für geleistete Ausgleichszahlungen, Up-Front und Balloon-Payments sowie Transaktionskosten ist die Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG zu berücksichtigen (siehe auch Rn. 118).
b) Veräußerung sonstiger Kapitalforderungen
(§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 EStG)
Allgemeines
Unter § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 EStG fallen auch sonstige Kapitalforderungen, bei denen sowohl die Höhe des Entgelts als auch die Höhe der Rückzahlung von einem ungewissen Ereignis abhängen. Erfasst werden Kapitalforderungen, deren volle oder teilweise Rückzahlung weder rechtlich noch faktisch garantiert wird. Erträge, die bei Rückzahlung, Einlösung oder Veräußerung realisiert werden, unterliegen der Besteuerung nach § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 EStG.
Stückzinsen
Werden Wertpapiere im Laufe eines Zinszahlungszeitraums mit dem laufenden Zinsschein veräußert, hat der Erwerber dem Veräußerer in der Regel den Zinsbetrag zu vergüten, der auf die Zeit seit dem Beginn des laufenden Zinszahlungszeitraums bis zur Veräußerung entfällt. Diese Zinsen heißen Stückzinsen. Sie werden in der Regel besonders berechnet und vergütet.
Der Veräußerer hat die besonders in Rechnung gestellten und vereinnahmten Stückzinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 EStG zu versteuern. Dies gilt auch bei Wertpapieren, die vor dem 1. Januar 2009 angeschafft wurden, vgl. § 52 Absatz 28 Satz 16 EStG, BFH-Urteile vom 7. Mai 2019 – VIII R 22/15, BStBl II S. 576 und VIII R 31/15, BStBl II S. 577.
Beim Erwerber der Wertpapiere sind die von ihm entrichteten Stückzinsen im Veranlagungszeitraum des Abflusses negative Einnahmen aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG und beim Privatanleger in den Verlustverrechnungstopf einzustellen.
Bundesschatzbrief Typ B/Wertpapiere des Bundes und der Länder
Werden bei Bundesschatzbriefen Typ B Stückzinsen gesondert in Rechnung gestellt, gelten die Ausführungen zu Rn. 49 bis 51 entsprechend.
Die Auszahlung der Geldbeträge bei Endfälligkeit, die entgeltliche Übertragung sowie die vorzeitige Rückgabe führen jeweils zu Einnahmen aus einer Veräußerung im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 EStG. Gehören die Erträge aus Bundesschatzbriefen zu den Betriebseinnahmen, unterbleibt der Kapitalertragsteuereinbehalt bei entsprechender Freistellungserklärung gemäß § 43 Absatz 2 Satz 3 EStG durch den Anleger, vgl. Muster Anlage 1. Die Erträge sind bei der Einkommensteuerveranlagung (im Rahmen der betrieblichen Gewinnermittlung) zu berücksichtigen.
Die Zuordnung zu den Veräußerungsgewinnen bei einer entgeltlichen Übertragung und bei vorzeitiger Rückgabe ist nicht zu beanstanden, da sowohl der Veräußerungserlös als auch die Stückzinsen zu Einnahmen aus Veräußerung im Sinne des § 20 Absatz 4 EStG führen, die im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns den Veräußerungsaufwendungen und Anschaffungskosten gegenüberzustellen sind.
Einnahmen aus der Einlösung von Zero-Bonds durch den Ersterwerber
Die Einlösung von Zero-Bonds und anderen in § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe a EStG a. F. genannten Auf‑ und Abzinsungspapieren fällt auch beim (durchhaltenden) Ersterwerber unter § 20 Absatz 2 EStG, da auch die Einlösung und Rückzahlung als Veräußerung gilt, ohne zwischen Ersterwerber und Zweiterwerber zu unterscheiden.
Nichtbeanstandungsregelung für Alt-Finanzinnovationen
§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 EStG findet auch bei sogenannten Finanzinnovationen Anwendung, die vor dem 1. Januar 2009 erworben wurden (§ 52 Absatz 28 Satz 15 und 16 EStG). Bei diesen Kapitalanlagen ist es nicht zu beanstanden, wenn bei der Gewinnermittlung im Sinne des § 20 Absatz 4 EStG Anschaffungsnebenkosten nicht berücksichtigt werden, wenn dem inländischen Kreditinstitut hierfür keine Daten vorliegen. Erfolgte die Anschaffung dieser Wertpapiere in einer Fremdwährung, ist es nicht zu beanstanden, wenn bei der Veräußerung oder Einlösung der Unterschiedsbetrag weiterhin in der Fremdwährung ermittelt wird und der sich ergebene Gewinn mit dem Umrechnungskurs zum Zeitpunkt der Veräußerung oder Einlösung umgerechnet wird, sofern diese Erträge dem inländischen Steuerabzug unterliegen.
Zertifikate
Werden Inhaberschuldverschreibungen veräußert oder eingelöst, die einen Lieferanspruch auf Gold oder einen anderen Rohstoff verbriefen und durch Gold oder einen anderen Rohstoff in physischer Form nicht gedeckt sind, sind die Einnahmen Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 EStG.
Sehen die Vertrags‑/Emissionsbedingungen hingegen vor, dass der Emittent das zur Verfügung gestellte Kapital nahezu vollständig in Gold oder einen anderen Rohstoff zu investieren hat und besteht ausschließlich ein Anspruch auf Auslieferung des hinterlegten Rohstoffs oder ein Anspruch auf Auszahlung des Erlöses aus der Veräußerung des Rohstoffs durch den Emittenten, liegt keine Kapitalforderung im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG, sondern ein Sachleistungsanspruch vor (BFH-Urteile vom 12. Mai 2015 – VIII R 35/14, BStBl II 2015 S. 834, und vom 16. Juni 2020 – VIII R 7/17, BStBl II 2021 S. 9); ggf. kommt eine Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG in Betracht. Für vor dem 1. Januar 2009 angeschaffte Inhaberschuldverschreibungen findet § 52 Absatz 28 Satz 17 EStG Anwendung.
Private Kapitalforderungen; Besserungsscheine
Eine Forderung, die kein am Finanzmarkt angebotenes Produkt darstellt (z. B. eine private Darlehensforderung, Gesellschafterforderung), ist eine Kapitalforderung im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 EStG. § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 EStG findet auf diese Forderung erstmals Anwendung, wenn die Forderung nach dem 31. Dezember 2008 angeschafft oder begründet wurde.
c) Veräußerungsbegriff (§ 20 Absatz 2 Satz 2 EStG)
Allgemeines
§ 20 Absatz 2 Satz 2 EStG stellt klar, dass als Veräußerung neben der entgeltlichen Übertragung des – zumindest wirtschaftlichen – Eigentums auch die Abtretung einer Forderung, die vorzeitige oder vertragsmäßige Rückzahlung einer Kapitalforderung oder die Endeinlösung einer Forderung oder eines Wertpapiers anzusehen ist. Entsprechendes gilt für die verdeckte Einlage von Wirtschaftsgütern im Sinne des § 20 Absatz 2 EStG in eine Kapitalgesellschaft. Die Sicherungsabtretung ist keine Veräußerung im Sinne dieser Vorschrift. Eine Veräußerung im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 EStG ist weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig (BFH-Urteil vom 12. Juni 2018 – VIII R 32/16, BStBl II 2019 S. 221). Bei der Veräußerung von wertlosen Wirtschaftsgütern im Sinne des § 20 Absatz 1 EStG ist die Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 20 Absatz 6 Satz 6 EStG zu berücksichtigen. Von einer Veräußerung eines wertlosen Wirtschaftsgutes ist regelmäßig auszugehen, wenn der Veräußerungserlös die tatsächlichen Transaktionskosten nicht übersteigt. Wird die Höhe der in Rechnung gestellten Transaktionskosten nach Vereinbarung mit dem depotführenden Institut dergestalt begrenzt, dass sich die Transaktionskosten aus dem Veräußerungserlös unter Berücksichtigung eines Abzugsbetrages errechnen, ist gleichfalls regelmäßig von der Veräußerung eines wertlosen Wirtschaftsgutes auszugehen.
Eine entgeltliche Übertragung liegt auch vor, wenn wertlose Anteile ohne Gegenleistung zwischen fremden Dritten übertragen werden (BFH-Urteile vom 17. November 2020 – VIII R 20/18, BStBl I 2021 S. 378 und vom 29. September 2020 – VIII R 9/17, BStBl II 2021 S. 385). Dementsprechend ist eine Veräußerung im Sinne des § 20 Absatz 2 EStG auch anzunehmen, wenn die wertlosen Wirtschaftsgüter ohne Zahlung eines Entgelts aus dem Depot des Steuerpflichtigen auf ein Depot des Kreditinstituts ausgebucht werden. Eine Ausbuchung aus dem Depot kommt insbesondere in Betracht, wenn die Wirtschaftsgüter nicht mehr handelbar sind oder weil der Anleger nicht über die kleinste handelbare Einheit verfügt. Die Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Absatz 6 Satz 6 EStG ist zu berücksichtigen (siehe auch Rn. 118).
Ausfall nicht verbriefter Kapitalforderungen
Die ganze oder teilweise Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG führt zu einem steuerlich anzuerkennenden Veräußerungsverlust gemäß § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7, Satz 2 und Absatz 4 EStG (BFH-Urteil vom 24. Oktober 2017 – VIII R 13/15, BStBl II 2020 S. 831) soweit keine Berücksichtigung als nachträgliche Anschaffungskosten bei den gewerblichen Einkünften in Betracht kommt (§ 17 Absatz 2a Satz 3 in Verbindung mit § 20 Absatz 8 EStG). Dies gilt grundsätzlich nur, wenn die Kapitalforderung nach dem 31. Dezember 2008 begründet worden ist und die Kapitalerträge nach dem 31. Dezember 2008 zugeflossen sind, vgl. § 52 Absatz 28 Satz 15 bis 17 EStG.
Die Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung liegt vor, wenn dem Gläubiger keine gesetzlich gebilligte Möglichkeit zur Durchsetzung des Anspruchs offensteht. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn das Insolvenzverfahren mangels Masse abgelehnt wurde. Nicht ausreichend ist die bloße Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners, es sei denn, der Insolvenzverwalter hat gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Absatz 1 Satz 1 InsO angezeigt, (BFH-Urteil vom 1. Juli 2021 – VIII R 28/18, BStBl II S. 911). Der Veräußerungsverlust errechnet sich aus dem Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Rückzahlung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Ausfall der Kapitalforderung stehen und den Anschaffungskosten der Kapitalforderung. Für die Verlustverrechnung gilt § 20 Absatz 6 Satz 6 EStG. Auf Rn. 118 wird verwiesen.
Beispiel:
K schloss mit der B im Jahr 01 einen Vertrag ab, auf Grund dessen K 20.000 € an B gezahlt hat. Die B täuschte K die Anlage dessen Kapitals in Anleihen vor. K sollte hierfür eine jährlich nachschüssig zu zahlende Rendite zwischen 7% bis 9 % des Anlagebetrages erhalten. Im Jahr 02 wurde K für das Jahr 01 eine fällige und zur Auszahlung bereitstehende Scheinrendite in Höhe von 800 € in den Büchern der B gutgeschrieben. Zu diesem Zeitpunkt war die B noch leistungsfähig und leistungsbereit. Im Jahr 03 kam es zum Zusammenbruch des Schneeballsystems und es stand fest, dass mit einer Kapitalrückzahlung nicht zu rechnen ist, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens war mangels Masse abgelehnt worden.
Lösung:
Im Jahr 02 erzielt K Kapitaleinkünfte in Höhe von 800 € (§ 20 Absatz 1 Nummer 7 EStG), die zu besteuern sind. Die Wiederanlage der Scheinrendite führt zu Anschaffungskosten einer Kapitalforderung. Im Jahr 03 kann ein Veräußerungsverlust in Höhe von 20.800 € steuerlich berücksichtigt werden (Kapitalauszahlung 0 € abzüglich Anschaffungskosten 20.800 €). Davon sind in 03 20.000 € zu berücks