Ertragsteuerliche Behandlung der Kindertagespflege
BMF vom 06.04.2023 (BStBl I S. 669)
IV C 6 – S 2246/19/10004 :004 – 2023/0351535
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BMF vom 06.04.2023 (BStBl I S. 669)
IV C 6 – S 2246/19/10004 :004 – 2023/0351535
Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt ab Veranlagungszeitraum 2023 für die ertragsteuerliche Behandlung der Kindertagespflege Folgendes:
1
Bei der Kindertagespflege nach § 22 Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) wird von einer Kindertagespflegeperson ein einer Kindertagesstätte ähnliches Angebot im familiären Rahmen geboten.
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Wird die Kindertagespflege im Haushalt der Kindertagespflegeperson, der Personensorgeberechtigten (z. B. Eltern) des Kindes oder in anderen geeigneten Räumen (z. B. in für die Durchführung der Kindertagespflege extra angemieteten Räumen außerhalb der Wohnung der Kindertagespflegeperson) vorgenommen und betreut die Kindertagespflegeperson Kinder verschiedener Personensorgeberechtigter eigenverantwortlich, handelt es sich um eine selbständige erzieherische Tätigkeit i. S. v. § 18 Absatz 1 Nummer 1 Einkommensteuergesetz (EStG).
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Betreut die Kindertagespflegeperson ein Kind oder mehrere Kinder in dessen/deren Familie nach Weisungen der Personensorgeberechtigten, ist sie in der Regel Arbeitnehmer. Die Personensorgeberechtigten sind die Arbeitgeber. In diesem Fall erzielt die Kindertagespflegeperson Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. S. v. § 19 EStG. Von den Einnahmen aus der Tätigkeit als Kindertagespflegeperson können die tatsächlich angefallenen Werbungskosten (§ 9 Absatz 1 EStG) oder alternativ der Arbeitnehmerpauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a EStG) von 1.230 € abgezogen werden.
4
Nach § 23 SGB VIII erhält die Kindertagespflegeperson eine laufende Geldleistung, die neben der Erstattung des Sachaufwands die Förderungsleistung der Kindertagespflegeperson anerkennen soll. Diese Geldleistung ist als steuerpflichtige Einnahme aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 1 EStG zu qualifizieren. Dies gilt unabhängig von der Anzahl der betreuten Kinder und von der Herkunft der vereinnahmten Mittel. § 3 Nummer 11 und 26 EStG sind nicht anwendbar.
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Die vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe geleisteten Erstattungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung, die Erstattungen zu einer angemessenen Alterssicherung und zu einer angemessenen Kranken‑ und Pflegeversicherung nach § 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und 4 SGB VIII sind nach § 3 Nummer 9 EStG steuerfrei.
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Von den steuerpflichtigen Einnahmen (vgl. III.1) sind die tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen Betriebsausgaben abzuziehen.
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Zu den Betriebsausgaben einer Kindertagespflegeperson gehören zum Beispiel folgende tätigkeitsbezogene Aufwendungen für
8
Keine Betriebsausgaben sind die von der Kindertagespflegeperson gezahlten Beiträge zur Alterssicherung, Unfallversicherung und zu einer angemessenen Kranken‑ und Pflegeversicherung.
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Bei der Ermittlung der Einkünfte aus der Tätigkeit als Kindertagespflegeperson wird aus Vereinfachungsgründen zugelassen, dass anstelle der tatsächlichen Betriebsausgaben von den erzielten Einnahmen 400 € je Kind und Monat pauschal als Betriebsausgaben abgezogen werden. Der Betriebsausgabenpauschale liegt eine wöchentliche Betreuungszeit von 40 Stunden zugrunde. Weicht die tatsächlich vereinbarte Betreuungszeit hiervon ab, ist die Betriebsausgabenpauschale zeitanteilig nach der nachfolgenden Formel zu kürzen:
(400 € x "vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit (max. 40 Stunden)")/("(8 Stunden x 5 Tage =) 40 Stunden")
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Bei tageweiser Belegung von sog. Freihalteplätzen (vgl. Ausführungen unter b) ist die ggf. nach der obigen Formel gekürzte Betriebsausgabenpauschale von 400 €/Monat/Kind zeitanteilig (Zahl der belegten Tage/pauschal 20 Arbeitstagen im Monat) zu gewähren.
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Für Zeiten, in denen die Kindertagespflegeperson verhindert ist, die vereinbarten Betreuungszeiten selbst zu absolvieren (z. B. aufgrund von Urlaub, Krankheit oder Fortbildung), kann die Betriebsausgabenpauschale nur dann abgezogen werden, wenn das Betreuungsgeld für diese Zeit weitergezahlt wird.
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Die Betriebsausgabenpauschale kann auch dann abgezogen werden, wenn die Kindertagespflegestätte aufgrund von Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) geschlossen wurde und die Kindertagespflegeperson in der Schließzeit keine Geldleistungen i. S. v. Rn. 4 mehr erhält.
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Hat die Kindertagespflegeperson Leistungen nach § 56 Absatz 1 bis 4 IfSG erhalten, sind weder die Betriebsausgabenpauschale (Rn. 9) noch die tatsächlichen Betriebsausgaben (Rn. 6 und 7) nach § 3c Absatz 1 EStG zu kürzen.
Werden der Kindertagespflegeperson nach § 23 SGB VIII laufende Geldleistungen für sog. Freihalteplätze gezahlt, die im Fall einer Krankheits‑, Urlaubs‑ oder Fortbildungsvertretung einer anderen Kindertagespflegeperson kurzfristig belegt werden können, wird bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus Vereinfachungsgründen zugelassen, dass anstelle der tatsächlichen Betriebsausgaben von den für den Freihalteplatz gezahlten Einnahmen 50 € je Freihalteplatz und Monat pauschal als Betriebsausgaben abgezogen werden. Bei Belegung der Freihalteplätze ist die Betriebsausgabenpauschale zeitanteilig (Verhältnis der Tage der Belegung des Freihalteplatzes im Monat zu pauschal 20 Arbeitstagen im Monat) zu kürzen.
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Findet die Betreuung im Haushalt der Personensorgeberechtigten oder in unentgeltlich zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten als selbständige Tätigkeit statt, können die Betriebsausgabenpauschalen nicht abgezogen werden. In diesen Fällen ist nur der Abzug der tatsächlichen Betriebsausgaben möglich.
16
Die Betriebsausgabenpauschalen dürfen nur bis zur Höhe der Betriebseinnahmen abgezogen werden.
17
Es können entweder die Betriebsausgabenpauschalen in Anspruch genommen oder die tatsächlichen Betriebsausgaben abgezogen werden. Neben den Betriebsausgabenpauschalen ist ein zusätzlicher Abzug tatsächlicher Betriebsausgaben nicht zulässig.
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Eine Kindertagespflegeperson betreut im Jahr 01 vier Kinder. Zudem hält die Kindertagespflegeperson einen Freihalteplatz vor. Kind 1 wird von Januar bis Dezember für jeweils 40 Wochenstunden betreut. Kind 2 wird von Februar bis November für 20 Wochenstunden betreut. Im Juni wird Kind 2 für 3 Wochen krankheitsbedingt nicht betreut. Die Zahlungen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe bleiben jedoch unverändert. Kind 3 wird von August bis Dezember für 45 Wochenstunden betreut. Kind 4 wird von Januar bis Dezember betreut, jedoch nur an 2 Tagen in der Woche für jeweils 9 Stunden.
Der Freihalteplatz ist nur im November für 12 Tage für jeweils 6 Stunden (Kind 5) und im Dezember für 4 Tage für jeweils 8 Stunden (Kind 6) belegt.
Lösung:
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Die Kindertagespflegeperson kann im Jahr 01 folgende Betriebsausgabepauschalen geltend machen:
Kind | Berechnung der Pauschale | Pauschale |
---|---|---|
Kind 1 | 400 € x 12 Monate | 4.800 € |
Kind 2 | 200 € (400 € x 20 Stunden vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit/ 40 Stunden) x 10 Monate | 2.000 € |
Kind 3 | 400 € x 5 Monate | 2.000 € |
Kind 4 | 180 € (400 € x 18 Stunden vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit/ 40 Stunden) x 12 Monate | 2.160 € |
Kind 5 (Belegung Freihalteplatz im November) | 6/8 x 400 € x 12 Tage/20 Tagen | 180 € |
Kind 6 (Belegung Freihalteplatz im Dezember) | 400 € x 4 Tage/20 Tagen | 80 € |
Freihalteplatz | 50 € x 10 Monate (Januar bis Oktober) 50 € x 8 Tage/20 Tage für November 50 € x 16 Tage/20 Tage für Dezember | 500 € 20 € 40 € |
Das BMF-Schreiben vom 11. November 2016 (BStBl I S. 1236) ist letztmalig im Veranlagungszeitraum 2022 anzuwenden.
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