Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von forstwirtschaftlichen Flächen als Betriebsvermögen eines Erwerbsbetriebs das Folgende:
I. Grundsätze
1. Forstwirtschaftliche Tätigkeit und forstwirtschaftliche Fläche
Forstwirtschaft ist die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Grund und Bodens zur Gewinnung und Verwertung von Rohholz und anderen Walderzeugnissen. Eine forstwirtschaftliche Tätigkeit erfordert grundsätzlich eine geschlossene mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche, auf der nahezu ausschließlich Baumarten mit dem Ziel einer langfristigen Holzentnahme erzeugt werden (forstwirtschaftliche Fläche).
2. Voraussetzungen für einen ertragsteuerrechtlichen Betrieb der Forstwirtschaft
Ertragsteuerrechtlich reicht das Eigentum an einer forstwirtschaftlichen Fläche grundsätzlich unabhängig von der Flächengröße für die Annahme einer betrieblichen Tätigkeit i. S. d. § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 13 Absatz 1 Nr. 1 EStG aus, wenn Gewinnerzielungsabsicht besteht (vgl. Tz. IV.). Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige ohne eigene Bewirtschaftungsmaßnahmen (z. B. Anpflanzung oder Durchforstung) durch den natürlichen Baumwuchs an der Fruchtziehung beteiligt ist und dadurch einen Gewinn erzielen kann (vgl. BFH vom 18. März 1976 – BStBl II S. 482 und BFH vom 9. März 2017 – BStBl II S. 981).
3. Umfang eines ertragsteuerrechtlichen Betriebs der Forstwirtschaft
Grundsätzlich bilden mehrere räumlich voneinander getrennte forstwirtschaftliche Flächen einen einheitlichen Betrieb. Ob im Einzelfall mehrere selbständige Betriebe vorliegen, ist aufgrund einer Gesamtbetrachtung der betrieblichen Verhältnisse zu entscheiden. Dabei ist auch die Entfernung zu und zwischen den Grundstücken zu berücksichtigen. Eine feste Grenze für die höchstzulässige Entfernung gibt es jedoch nicht (vgl. BFH vom 9. März 2017 – a. a. O.).
II. Betriebsvermögenseigenschaft von forstwirtschaftlichen Flächen
1. Forstwirtschaftliche Flächen, die einem landwirtschaftlichen Betrieb zuzuordnen sind
Im Eigentum des Steuerpflichtigen stehende forstwirtschaftliche Flächen, die sich in nicht zu großer räumlicher Entfernung von einem landwirtschaftlichen Betrieb des Steuerpflichtigen befinden (vgl. BFH vom 9. März 2017 – a. a. O.), gehören unabhängig von deren Flächengröße zum notwendigen Betriebsvermögen eines einheitlichen land‑ und forstwirtschaftlichen Betriebs. Zur Frage des Bestehens eines selbständigen forstwirtschaftlichen Teilbetriebs vgl. Tz. III.
Die im Eigentum des Steuerpflichtigen stehenden forstwirtschaftlichen Flächen verlieren ihre Betriebsvermögenseigenschaft weder durch Nutzungsüberlassung an einen Dritten noch durch Flächenverringerung. Die Betriebsvermögenseigenschaft der forstwirtschaftlichen Flächen bleibt grundsätzlich auch dann bestehen, wenn das übrige Betriebsvermögen des land‑ und forstwirtschaftlichen Betriebs verpachtet, in das Privatvermögen überführt oder veräußert wird. Ein Wechsel vom Erwerbsbetrieb zu einem Liebhabereibetrieb erfolgt nur, wenn mit den verbleibenden forstwirtschaftlichen Flächen kein steuerlicher Totalgewinn mehr erzielt werden kann (vgl. Tz. IV.). Nach dem Urteil des BFH vom 29. Oktober 1981 (BStBl II S. 381) ist in dieser Änderung der steuerrechtlichen Beurteilung keine Betriebsaufgabe mit der Folge einer Auflösung der stillen Reserven und einer Überführung in das Privatvermögen zu sehen. In einem solchen Fall sind die stillen Reserven gesondert festzustellen (vgl. § 8 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Absatz 2 der Abgabenordnung). Eine Überführung der forstwirtschaftlichen Flächen in das Privatvermögen setzt in diesem Fall eine entsprechende eindeutige und unmissverständliche Erklärung des Steuerpflichtigen und eine Versteuerung der stillen Reserven voraus.
2. Forstwirtschaftliche Flächen, die nicht Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs sind
Ist der Steuerpflichtige Eigentümer von forstwirtschaftlichen Flächen, die keinem bestehenden land‑ und forstwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsvermögen zuzuordnen sind, ist nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen (vgl. Tz. I.2) zu prüfen, ob ein (Erwerbs‑) Betrieb der Forstwirtschaft besteht. Dabei ist – insbesondere wenn der Steuerpflichtige keine eigenen Bewirtschaftungsmaßnahmen ergreift – zu prüfen, ob die Flächen nach den bewertungsrechtlichen Grundsätzen (§ 33 i. V. m. § 34 Absatz 2 Nr. 1 bzw. § 158 i. V. m. § 160 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 BewG) der forstwirtschaftlichen Nutzung und damit einer wirtschaftlichen Einheit Betrieb der Land‑ und Forstwirtschaft zuzurechnen sind.
Liegt nach diesen Grundsätzen eine dem Grunde nach forstwirtschaftliche Tätigkeit vor, ist ertragsteuerrechtlich regelmäßig von einem Forstbetrieb auszugehen, wenn mindestens eine der im Eigentum des Steuerpflichtigen stehenden forstwirtschaftlichen Flächen mit Bäumen bestanden ist, die nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 16. Mai 2012 (BStBl I S. 595) als selbständiges Wirtschaftsgut Baumbestand zu beurteilen sind. In diesem Fall ist diese forstwirtschaftliche Fläche ggf. unter Einbeziehung weiterer forstwirtschaftlicher Flächen des Steuerpflichtigen notwendiges Betriebsvermögen eines Forstbetriebs; die weitere Abgrenzung eines Erwerbsbetriebs von der Liebhaberei erfolgt nach Tz. IV. Besteht nach diesen Grundsätzen ein Betrieb der Forstwirtschaft, so verlieren die einzelnen forstwirtschaftlichen Flächen grundsätzlich auch dann nicht ihre Betriebsvermögenseigenschaft, wenn sie einem Dritten zur Nutzung überlassen werden oder der Flächenumfang z. B. durch Veräußerung oder Übertragung verringert wird.
III. Teilbetriebseigenschaft einzelner forstwirtschaftlicher Flächen
Forstwirtschaftliche Flächen, die zum notwendigen Betriebsvermögen eines land‑ und forstwirtschaftlichen Betriebs gehören, sind insgesamt ohne weitere sachliche Voraussetzungen als selbständiger Teilbetrieb i. S. v. § 14 EStG zu beurteilen, wenn mindestens eine dieser Flächen die Voraussetzungen für die Annahme eines selbständigen Betriebs der Forstwirtschaft erfüllt (vgl. Tz. I.2. und Tz. II.2.).
Innerhalb eines bestehenden Betriebs der Forstwirtschaft oder forstwirtschaftlichen Teilbetriebs können auch einzelne forstwirtschaftliche Flächen das Merkmal eines selbständigen Teilbetriebs i. S. von § 14 EStG erfüllen. Nach der Rechtsprechung des BFH vom 5. November 1981 (BStBl 1982 II S. 158) und vom 17. Januar 1991 (BStBl II S. 566) genügt es, wenn von einem Forstareal eine räumlich zusammenhängende Waldfläche von einer Größe abgetrennt und übertragen oder veräußert wird, die der Erwerber als selbständiges, lebensfähiges Forstrevier (Erwerbsbetrieb der Forstwirtschaft) fortführen kann (vgl. Tz. I.2. und Tz. II.2.).
IV. Abgrenzung Erwerbsbetrieb
Eine forstwirtschaftliche Tätigkeit kann abweichend von Tz. I. ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgen (sog. Liebhaberei). Bei der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht gelten für forstwirtschaftliche Flächen die sich aus der Rechtsprechung ergebenden allgemeinen Grundsätze (z. B. BFH vom 25. Juni 1984 – BStBl II S. 751) und folgende Besonderheiten:
Die Feststellung, ob ein Forstbetrieb mit Gewinnerzielungsabsicht geführt wird, liegt im Wesentlichen auf dem Gebiet der Tatsachenwürdigung (vgl. BFH vom 9. März 2017 – BStBl II S. 981). Dabei ist die erforderliche Totalgewinnprognose grundsätzlich generationenübergreifend über den Zeitraum der durchschnittlichen Umtriebszeit des im Forstbetrieb vorherrschenden Baumbestands zu erstrecken (vgl. BFH vom 7. April 2016 – BStBl II S. 765 und BFH vom 9. März 2017 – a. a. O.). Dies gilt zugleich betriebsübergreifend auch dann, wenn der Forstbetrieb zunächst unter Nießbrauchsvorbehalt an die nächste Generation übertragen wird. Die Totalgewinnprognose ist dann ungeachtet der Entstehung zweier Forstbetriebe für einen fiktiven konsolidierten Forstbetrieb zu erstellen. Werden bei einer Betriebsgründung bzw. einem Betriebserwerb bereits hergestellte Baumbestände erworben, ist der Prognosezeitraum regelmäßig nach dem Zeitpunkt des Erwerbs bis zur Hiebsreife der Baumbestände zu bemessen (vgl. BFH vom 7. April 2016 – a. a. O.).
Die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht erfolgt auch bei räumlich getrennt liegenden Flächen für den gesamten als Einheit zu beurteilenden Forstbetrieb bzw. forstwirtschaftlichen Teilbetrieb (vgl. BFH vom 9. März 2017 – a. a. O.). Unterhält ein Steuerpflichtiger einen landwirtschaftlichen und einen forstwirtschaftlichen Betrieb oder betreibt er innerhalb eines land‑ und forstwirtschaftlichen Betriebs Landwirtschaft und Forstwirtschaft, so ist die Gewinnerzielungsabsicht für beide Tätigkeitsbereiche grundsätzlich getrennt zu prüfen.
Der Totalgewinn bzw. die Totalgewinnprognose für den Forstbetrieb oder forstwirtschaftlichen Teilbetrieb ist nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen unter Berücksichtigung der maßgeblichen Gewinnermittlungsart zu ermitteln. Die Totalgewinnprognose setzt sich aus den in der Vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden laufenden Gewinnen/Verlusten und dem sich bei Betriebsbeendigung voraussichtlich ergebenden Veräußerungs‑ bzw. Aufgabegewinn/‑verlust zusammen. Dabei ist für die bestockten Flächen zu prüfen, ob die Wirtschaftsgüter „Baumbestand“ zur Erzielung von Einkünften objektiv geeignet sind. Hierzu sind Art und Umfang des Aufwuchses im Zeitpunkt der Totalgewinnprognose zu würdigen und nach dem Nominalwertprinzip anzusetzen. Ist die objektive Totalgewinnprognose negativ, kann der Steuerpflichtige seine subjektive Gewinnerzielungsabsicht nachweisen.
V. Entnahmemöglichkeit kleiner forstwirtschaftlicher Flächen
Verbleiben nach einer Verkleinerung eines Forstbetriebs oder forstwirtschaftlichen Teilbetriebs nur forstwirtschaftliche Flächen geringer Größe, die nicht die Voraussetzungen für die Annahme eines selbständigen Forstbetriebs erfüllen (vgl. Tz. I.2. und Tz. II.2.), so bleiben sie grundsätzlich Betriebsvermögen. Abweichend hiervon können diese Flächen durch ausdrückliche und unmissverständliche Entnahmehandlung unter Aufdeckung der stillen Reserven in das Privatvermögen überführt werden. Die Entnahme dieser forstwirtschaftlichen Flächen muss auf einen bestimmten Zeitpunkt erfolgen und darf nicht zurückwirken. Verbleiben derartige forstwirtschaftliche Flächen bei Aufgabe oder Veräußerung des land‑ und forstwirtschaftlichen Betriebs im Eigentum des Steuerpflichtigen, so kann der auf sie entfallende Entnahmegewinn bei entsprechender Erklärung des Steuerpflichtigen in den nach §§ 14, 16, 34 EStG begünstigten Gewinn einbezogen werden. Anderenfalls bleiben sie fortgeführtes Betriebsvermögen.
VI. Zeitliche Anwendung
Die Regelungen dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
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