A. Allgemeines zum Versorgungsausgleich
I. Zivilrechtliche Regelung ab 1. September 2009
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Der Versorgungsausgleich wird bei einer ehelichen Scheidung durchgeführt. Ziel des Versorgungsausgleichs ist die gerechte Teilung der in der Ehe erworbenen Rentenanrechte zwischen beiden Ehegatten. Seit der Strukturreform zum 1. September 2009 werden dafür sämtliche während der Ehe erworbenen Anrechte auf eine Versorgung im Alter oder bei Invalidität hälftig geteilt. Der Versorgungsausgleich wirkt sich regelmäßig zugunsten desjenigen Ehegatten aus, der sich keine oder nur eine geringere eigenständige Altersversorgung – beispielsweise wegen der Führung des Haushalts und der Betreuung und Erziehung der Kinder – aufbauen konnte.
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Im Versorgungsausgleich werden insbesondere Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus anderen Regelsicherungssystemen wie der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, aus der betrieblichen Altersversorgung und auf eine Rente gerichtete Anrechte aus der privaten Alters‑ und Invaliditätsvorsorge (z. B. „Riester“‑ oder „Rürup“-Rente) ausgeglichen. Produkte, die ausschließlich Kapitalleistungen vorsehen (z. B. Kapitallebensversicherung), sind hingegen nicht Gegenstand des Versorgungsausgleichs.
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Auch bei der Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft findet ein Versorgungsausgleich statt. Wurde die eingetragene Lebenspartnerschaft bereits vor dem 1. Januar 2005 begründet, wird ein Versorgungsausgleich nur durchgeführt, wenn die verpartnerten Personen bis zum 31. Dezember 2005 eine entsprechende Erklärung abgegeben haben. Soweit im Folgenden nicht ausdrücklich zwischen Ehegatten und Lebenspartnern unterschieden wird, gelten die Ausführungen zu Ehegatten für Lebenspartner entsprechend.
II. Zivilrechtliche Regelung bis zum 31. August 2009
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Der Versorgungsausgleich war mit der grundlegenden Neufassung des Eherechts durch das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts zum 1. Juli 1977 eingeführt worden. Er war in den seinerzeit geltenden §§ 1587 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sowie über weitere Gesetze verteilt geregelt. In den Versorgungsausgleich wurden die in § 1587a Absatz 2 BGB a. F. aufgezählten Anrechte einbezogen. Zunächst wurden alle von den Ehegatten während der Ehezeit erworbenen einzelnen Anrechte ermittelt. Der Ehegatte mit den höheren Versorgungsanwartschaften musste die Hälfte des Wertunterschieds an den anderen ausgleichen. Der Wertausgleich erfolgte in der Regel nach dem Grundsatz des Einmalausgleichs über die gesetzliche Rentenversicherung (sog. Öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich).
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Zudem fand in bestimmten Fällen – etwa, wenn die Ehegatten dies so vereinbart hatten oder die Anrechte im Zeitpunkt der Scheidung noch nicht unverfallbar waren – ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich statt (vgl. § 1587f i. V. m. §§ 1587g bis 1587n BGB a. F.). Der schuldrechtliche Ausgleich wurde nur auf Antrag durchgeführt und häufig nicht geltend gemacht. Die ausgleichsberechtigte Person erlangte dabei in der Regel keinen eigenständigen Anspruch gegen den Versorgungsträger.
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In Verfahren über den Versorgungsausgleich, die vor dem 1. September 2009 eingeleitet worden sind und nicht abgetrennt oder ausgesetzt waren oder deren Ruhen nicht angeordnet war, ist das bis dahin geltende materielle Recht und Verfahrensrecht in der Regel weiterhin anzuwenden (§ 48 Absatz 1 und Absatz 2 Versorgungsausgleichsgesetz – VersAusglG). Auf alle Verfahren, in denen am 31. August 2010 in erster Instanz noch keine Entscheidung ergangen war, fand bzw. findet aber stets das neue Recht Anwendung (§ 48 Absatz 3 VersAusglG).
B. Ausgleichsleistungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs
I. Zivilrechtliche Grundlagen
Die Ehegatten können den Versorgungsausgleich ganz oder teilweise ausschließen (§ 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 VersAusglG). Der Ausschluss kann sowohl den gesetzlichen Versorgungsausgleich (interne und externe Teilung) als auch schuldrechtliche Ausgleichsansprüche (d. h. noch nicht ausgeglichene Anrechte) umfassen.
Die ausgleichsberechtigte Person kann eine zweckgebundene Abfindung für ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht (d. h. einen schuldrechtlichen Anspruch) von der ausgleichspflichtigen Person verlangen. Die Abfindung ist an den Versorgungsträger zu zahlen, bei dem ein bestehendes Anrecht ausgebaut oder ein neues Anrecht begründet werden soll (§ 23 VersAusglG). Eine Leistung unmittelbar an die ausgleichsberechtigte Person kann jedoch nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 VersAusglG vereinbart werden.
II. Steuerrechtliche Behandlung
1. Allgemeines
Die ausgleichspflichtige Person kann Ausgleichsleistungen zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs als Sonderausgaben abziehen (§ 10 Absatz 1a Nummer 3 EStG). Die Abzugsmöglichkeit besteht seit dem Veranlagungszeitraum 2015. Sie umfasst Leistungen zugunsten der ausgleichsberechtigten Person nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und § 23 VersAusglG sowie nach § 1408 Absatz 2 und § 1587 BGB. Die Abzugsmöglichkeit besteht unabhängig davon, ob die Ausgleichsleistung eine beamtenrechtliche, eine öffentlich-rechtliche, eine private oder eine betriebliche Altersvorsorge betrifft und unabhängig davon, ob eine steuerliche Förderung gewährt wurde. Die ausgleichsberechtigte Person muss die Ausgleichsleistung als sonstige Einkünfte nach § 22 Nummer 1a EStG versteuern (sogenanntes Korrespondenzprinzip).
10 Absatz 1a Nummer 3 EStG ordnet alle Ausgleichsleistungen einheitlich dem Bereich des Sonderausgabenabzugs zu. Die frühere Rechtsprechung, die Ausgleichszahlungen zur Vermeidung einer Kürzung beamtenrechtlicher Versorgungsbezüge als Werbungskosten zum Abzug zuließ, ist damit unbeachtlich.
Der Sonderausgabenabzug setzt voraus, dass
- die ausgleichsverpflichtete und die ausgleichsberechtigte Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und
- die Identifikationsnummer (IdNr.) der ausgleichsberechtigten Person in der Steuererklärung der ausgleichsverpflichteten Person angegeben wird.
2. Behandlung bei der ausgleichspflichtigen Person
Die ausgleichspflichtige Person kann Ausgleichsleistungen zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs auf Antrag als Sonderausgaben abziehen (§ 10 Absatz 1a Nummer 3 EStG), soweit die ausgleichsberechtigte Person zustimmt. Die Verfahrensbeteiligten können damit genau bestimmen, in welchem Umfang ein Abzug und die damit einhergehende Besteuerung (vgl. Rn. 14) erfolgen soll. Eine steuerrechtliche Berücksichtigung des nicht von der Zustimmung umfassten Teils der Ausgleichsleistungen in einem vom Leistungsjahr abweichenden Veranlagungszeitraum ist nicht möglich.
Die Abzugsmöglichkeit für Ausgleichsleistungen zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs umfasst sowohl Leistungen der ausgleichspflichtigen Person an die ausgleichsberechtigte Person als auch Zahlungen der ausgleichspflichtigen Person an den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person. Nicht umfasst werden Zahlungen der ausgleichspflichtigen Person an den eigenen Versorgungsträger zur Wiederauffüllung der eigenen Ansprüche, vgl. dazu Rn. 15.
3. Behandlung bei der ausgleichsberechtigten Person
Die ausgleichsberechtigte Person muss die Ausgleichsleistungen zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs korrespondierend zum Sonderausgabenabzug der ausgleichspflichtigen Person versteuern. Soweit also bei der ausgleichspflichtigen Person die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Absatz 1a Nummer 3 EStG vorliegen, sind die Ausgleichsleistungen bei der ausgleichsberechtigten Person als sonstige Einkünfte zu versteuern (§ 22 Nummer 1a EStG). Es kommt nicht darauf an, dass sich der Sonderausgabenabzug tatsächlich steuermindernd auswirkt.
Beispiel:
Die Eheleute A und B haben im Scheidungsfolgeverfahren vereinbart, dass B auf den Versorgungsausgleich verzichtet (§ 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 VersAusglG). A zahlt im Gegenzug für diesen Verzicht 80.000 € an B. A beantragt den Sonderausgabenabzug für die Zahlung von 80.000 € und gibt die IdNr. von B an. B ist unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und hat auf der Anlage U die Zustimmung erteilt.
Besteuerung bei A:
A kann 80.000 € als Sonderausgaben abziehen (§ 10 Absatz 1a Nummer 3 EStG).
Besteuerung bei B:
B muss korrespondierend 80.000 € abzüglich 102 € Werbungskosten-Pauschbetrag bzw. abzüglich tatsächlicher Werbungskosten als sonstige Einkünfte versteuern (§ 22 Nummer 1a EStG).
III. Abgrenzung: Ausgleichszahlung zur Vermeidung einer späteren Versorgungskürzung (sog. „Wiederauffüllungsleistungen“)
Die ausgleichspflichtige Person kann jederzeit freiwillig Zahlungen vornehmen, um aufgrund eines durchgeführten Versorgungsausgleichs geminderte eigene Versorgungsanwartschaften wieder aufzufüllen. Beiträge in die gesetzlichen Rentenversicherungen, zur landwirtschaftlichen Alterskasse oder zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen sowie zu zertifizierten Basisrentenverträgen können im Jahr der Zahlung gemäß § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a und b EStG als Sonderausgaben im Rahmen des Höchstbetrages nach § 10 Absatz 3 EStG berücksichtigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 2021 – X R 4/19, BStBl II 2022 S. 256). Zahlungen zur Auffüllung eines geminderten Versorgungsanspruchs im Sinne des § 19 EStG können im Jahr der Zahlung als vorweggenommene Werbungskosten berücksichtigt werden, da dies den Bezug höherer Versorgungsbezüge sichert.
C. Versorgungsausgleich
I. Gesetzlicher Versorgungsausgleich
1. Grundlagen
Dem Wertausgleich bei der Scheidung unterfallen gemäß § 9 VersAusglG alle Anrechte, es sei denn, die Ehegatten haben eine davon abweichende wirksame Vereinbarung über den Versorgungsausgleich nach den §§ 6 bis 8 VersAusglG getroffen oder die Anrechte sind gemäß § 19 VersAusglG noch nicht ausgleichsreif. Bei Geringfügigkeit soll ein Wertausgleich ausnahmsweise nicht stattfinden (§ 9 Absatz 4 i. V. m. § 18 VersAusglG).
Vorrangig ist stets die interne Teilung nach den §§ 10 bis 13 VersAusglG vorzunehmen. Die externe Teilung nach den §§ 14 bis 17 VersAusglG ist nachrangig und nur in den gesetzlich bestimmten Fällen möglich.
1.1 Interne Teilung
Nach dem Grundsatz der systeminternen Teilhabe wird jedes Versorgungsanrecht innerhalb des Versorgungssystems für sich betrachtet und geteilt. Das Familiengericht überträgt für die ausgleichsberechtigte Person zulasten des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts bei demjenigen Versorgungsträger, bei dem das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person besteht. Die ausgleichsberechtigte Person erhält dadurch ein eigenes Anrecht gegenüber dem Versorgungsträger. Anrechte gleicher Art von ausgleichsberechtigter und ausgleichspflichtiger Person – z. B. wenn beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung haben – werden zunächst miteinander verrechnet und nur der verbleibende Wertunterschied wird auf die ausgleichsberechtigte Person übertragen (§ 10 Absatz 2 VersAusglG).
1.2 Externe Teilung
Bei der externen Teilung begründet das Familiengericht zulasten des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person für die ausgleichsberechtigte Person bei einem anderen Versorgungsträger ein eigenes Anrecht. Eine externe Teilung ist nur durchzuführen, wenn
- die ausgleichsberechtigte Person und der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person eine externe Teilung – gegebenenfalls unter Zustimmung der ausgleichspflichtigen Person gem. § 15 Absatz 3 VersAusglG – vereinbaren (§ 9 Absatz 3 i. V. m. § 14 Absatz 2 Nummer 1 VersAusglG),
- der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person eine externe Teilung verlangt und der für den Ausgleichswert geltende Höchstbetrag nicht überschritten wird (§ 9 Absatz 3 i. V. m. § 14 Absatz 2 Nummer 2 VersAusglG; zu beachten sind die abweichenden Höchstbeträge für Anrechte im Sinne des Betriebsrentengesetzes aus einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse gemäß § 17 VersAusglG),
- der Träger einer Versorgung aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis keine interne Teilung vorsieht (§ 9 Absatz 3 i. V. m. § 16 Absatz 1 VersAusglG) oder
- es sich bei dem auszugleichenden Anrecht um ein Anrecht aus einem Beamtenverhältnis auf Widerruf oder aus einem Dienstverhältnis einer Soldatin oder eines Soldaten auf Zeit handelt (§ 9 Absatz 3 i. V. m. § 16 Absatz 2 VersAusglG).
2. Steuerrechtliche Behandlung
2.1 Übertragung von Anrechten im Wege der internen Teilung
Zur Durchführung des Versorgungsausgleichs werden Versorgungsanrechte mit allen Rechten und Pflichten von einer ausgleichspflichtigen auf eine ausgleichsberechtigte Person übertragen. Für den Regelfall der internen Teilung ist die Übertragung der Anrechte steuerfrei (§ 3 Nummer 55a Satz 1 EStG). Die Besteuerung der Leistungen aus den Anrechten erfolgt sowohl für die ausgleichspflichtige als auch für die ausgleichberechtigte Person erst während der Auszahlungsphase, sofern kein früherer Besteuerungstatbestand ausgelöst wurde, z. B. durch eine vorzeitige Kündigung. Die konkrete Besteuerung der jeder Person zugeflossenen Leistungen richtet sich nach dem jeweiligen individuellen Sachverhalt. Wird aufgrund der internen Teilung ein Anrecht in Form eines Versicherungsvertrags zugunsten der ausgleichsberechtigten Person begründet, so gilt dieser Vertrag insoweit zu dem gleichen Zeitpunkt als abgeschlossen wie derjenige der ausgleichspflichtigen Person (§ 52 Absatz 28 Satz 9 EStG).
Die ausgleichsberechtigte Person bezieht die Leistungen aus eigenem Anrecht. Bei ihr gehören die Leistungen zu den Einkünften, zu denen sie bei der ausgleichspflichtigen Person gehören würden, wenn die interne Teilung nicht stattgefunden hätte (§ 3 Nummer 55a Satz 2 EStG). Anders als beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich (vgl. Rn. 23 ff.) können die Leistungen bei der ausgleichspflichtigen Person nicht als Sonderausgaben abgezogen werden. Die der ausgleichspflichtigen Person zuzurechnenden Leistungen sind bereits durch die Teilung der Versorgungsanwartschaften gemindert. Dies gilt sowohl für den Fall der internen als auch der externen Teilung (Rn. 22).
2.2 Übertragung von Anrechten im Wege der externen Teilung
Die externe Teilung ist mit einem Wechsel des Versorgungsträgers verbunden. Für den Regelfall der externen Teilung ist die Übertragung der Anrechte an den neuen Versorgungsträger steuerfrei (§ 3 Nummer 55b Satz 1 EStG). Die Besteuerung der Leistungen aus den Anrechten erfolgt sowohl für die ausgleichspflichtige als auch für die ausgleichberechtigte Person erst während der Auszahlungsphase, sofern kein früherer Besteuerungstatbestand ausgelöst wurde, z. B. durch eine vorzeitige Kündigung. Die Steuerfreiheit gilt nicht, soweit Leistungen, die auf dem übertragenen Anrecht beruhen, bei der ausgleichsberechtigten Person zu Einkünften nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 oder § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG führen und damit nicht der nachgelagerten Besteuerung unterliegen würden (§ 3 Nummer 55b Satz 2 EStG).
Wird aufgrund der externen Teilung ein Anrecht in Form eines Versicherungsvertrags zugunsten der ausgleichsberechtigten Person begründet, so gilt dieser Vertrag insoweit zu dem gleichen Zeitpunkt als abgeschlossen wie derjenige der ausgleichspflichtigen Person (§ 52 Absatz 28 Satz 9 EStG).
Beispiel:
Das Familiengericht spricht B, dem in Scheidung befindlichen Ehegatten von A, einen Ausgleichsanspruch von 25 % (= 25.000 €) des von A auf seinem Basisrentenvertrag angesparten Kapitals zu. B und der Anbieter des A vereinbaren eine externe Teilung.
Variante A:
Die Anrechte werden auf die bereits bestehende betriebliche Altersversorgung (Pensionskasse) des B übertragen. Da die Leistungen aus dem Basisrentenvertrag zu Einkünften nach § 22 EStG führen würden, ist die Übertragung der Anrechte steuerfrei (§ 3 Nummer 55b Satz 1 EStG). Die (zukünftigen) Leistungen aus der Pensionskasse unterliegen in der Folge in vollem Umfang der nachgelagerten Besteuerung nach § 22 Nummer 5 Satz 1 EStG. Die Ausnahme des § 3 Nummer 55b Satz 2 EStG greift daher nicht.
Variante B:
Die Anrechte werden auf den bereits bestehenden, ungeförderten, privaten Rentenversicherungsvertrag (ohne Kapitalwahlrecht) des B übertragen. Die Leistungen aus der Rentenversicherung unterliegen der Besteuerung nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG. Die Ausnahme des § 3 Nummer 55b Satz 2 EStG greift. Dies führt bei A im Zeitpunkt der Übertragung zum Zufluss von Leistungen aus seinem Basisrentenversicherungsvertrag in Höhe des geleisteten Ausgleichswerts (25.000 €).
II. Schuldrechtliche Ausgleichszahlungen
1. Grundlagen
Ehegatten können vereinbaren, sich ganz oder teilweise Ausgleichsansprüche nach der Scheidung vorzubehalten (Ehevertrag oder gerichtliche Vereinbarung). Dies hat zur Folge, dass der Versorgungsausgleich insoweit durch (spätere) schuldrechtliche Ausgleichszahlungen (§ 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 i. V. m. § 20 VersAusglG) erfolgt. Die ausgleichsberechtige Person erlangt durch die schuldrechtlichen Ausgleichszahlungen keine eigenen Anrechte gegenüber dem Versorgungsträger. Der Anspruch erlischt mit dem Tod der ausgleichspflichtigen Person. Die ausgleichsberechtigte Person kann aber gegebenenfalls vom Versorgungsträger eine Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung verlangen (§ 25 VersAusglG).
Die ausgleichsberechtigte Person kann von der ausgleichspflichtigen Person zudem den Ausgleichswert in Form einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente verlangen, wenn ein Anrecht bei der Scheidung noch nicht ausgleichsreif im Sinne des § 19 VersAusglG ist. Die Ausgleichsreife eines Anrechts fehlt beispielsweise, wenn es bei einem ausländischen, zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Versorgungsträger besteht (§ 19 Absatz 2 Nummer 4 VersAusglG). Denn für einen ausländischen Versorgungsträger sind die deutschen Gesetze und die deutsche Gerichtsbarkeit nicht maßgeblich. Anrechte der ausgleichsberechtigten Person bei einem ausländischen Versorgungsträger sind daher generell nicht ausgleichsreif.
Eine schuldrechtliche Ausgleichszahlung kann erfolgen durch
- die Zahlung einer Ausgleichsrente, wenn die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung aus einem noch nicht ausgeglichenen Anrecht bezieht (§ 20 VersAusglG),
- die Abtretung des Anspruchs gegen den Versorgungsträger in Höhe der Ausgleichsrente (§ 21 VersAusglG) oder
- die Zahlung des Ausgleichswerts, wenn die ausgleichsberechtigte Person eine Kapitalzahlung aus einem noch nicht ausgeglichenen Anrecht erhält (§ 22 VersAusglG).
Die ausgleichsberechtigte Person kann schuldrechtliche Ausgleichszahlungen verlangen, wenn die ausgleichspflichtige Person Versorgungsleistungen aus einem noch nicht ausgeglichenen Anrecht erhält (§ 20 Absatz 1 VersAusglG). Die ausgleichsberechtigte Person muss die Voraussetzungen des § 20 Absatz 2 VersAusglG erfüllen:
- Bezug einer eigenen laufenden Versorgung oder
- Erreichen der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung oder
- Erfüllen der gesundheitlichen Voraussetzungen für eine laufende Versorgung wegen Invalidität.
2. Steuerrechtliche Behandlung
Schuldrechtliche Ausgleichszahlungen von der ausgleichspflichtigen an die ausgleichsberechtigte Person führen im Ergebnis zu einem Transfer steuerbarer und steuerpflichtiger Einnahmen. Während § 10 Absatz 1a Nummer 4 EStG regelt, unter welchen Voraussetzungen und inwieweit bei der ausgleichspflichtigen Person ein Sonderausgabenabzug in Betracht kommt, bestimmt § 22 Nummer 1a EStG dementsprechend die Besteuerung dieser Leistungen bei der ausgleichsberechtigten Person (Korrespondenzprinzip).
2.1 Behandlung bei der ausgleichspflichtigen Person
Die Leistungen beim schuldrechtlichen Ausgleich fließen in einem ersten Schritt in voller Höhe der ausgleichspflichtigen Person zu, da nur für diese Person gegenüber dem Versorgungsträger ein eigenes Anrecht auf Versorgung besteht. Die Leistungen unterliegen bei der ausgleichspflichtigen Person der Besteuerung nach Maßgabe der §§ 19, 20 und/oder 22 EStG.
In einem zweiten Schritt leistet die ausgleichspflichtige Person die Ausgleichszahlung an die ausgleichsberechtigte Person. Die ausgleichspflichtige Person kann für diese Zahlung den Sonderausgabenabzug in Anspruch nehmen (§ 10 Absatz 1a Nummer 4 EStG). Voraussetzung für den Abzug ist, dass es sich um Ausgleichszahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs
- nach den §§ 20 bis 22 und 26 VersAusglG oder
- nach den §§ 1587f, 1587g und 1587i BGB in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung und § 3a des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) handelt.
Der Sonderausgabenabzug setzt voraus, dass
- die ausgleichsverpflichtete und die ausgleichsberechtigte Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und
- die IdNr. der ausgleichsberechtigten Person in der Steuererklärung der ausgleichsverpflichteten Person angegeben wird.
Der Sonderausgabenabzug scheidet aus, soweit die der Ausgleichszahlungen zugrunde liegenden Einnahmen nicht der Besteuerung unterliegen.
2.2 Behandlung bei der ausgleichsberechtigten Person
Die ausgleichsberechtigte Person muss die schuldrechtlichen Ausgleichszahlungen korrespondierend zum Sonderausgabenabzug der ausgleichspflichtigen Person als sonstige Einkünfte versteuern (§ 22 Nummer 1a EStG). Es kommt nicht darauf an, dass sich der Sonderausgabenabzug tatsächlich steuermindernd auswirkt.
2.3 Formen der Ausgleichszahlungen
2.3.1 Laufende Leistungen
2.3.1.1 Laufende Versorgung in Form einer Basisversorgung
Bemessen sich die Ausgleichszahlungen nach Leistungen aus der Basisversorgung, kann die ausgleichspflichtige Person den Sonderausgabenabzug in der Höhe erhalten, wie sie die anteiligen Leistungen aus der Basisversorgung versteuern muss. Die Basisversorgung umfasst die Leistungen aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen, der landwirtschaftlichen Alterskasse sowie aus privaten Basisrentenverträgen. Die Leistungen aus der Basisversorgung werden bei der ausgleichspflichtigen Person nicht in voller Höhe, sondern mit dem sogenannten Besteuerungsanteil besteuert (§ 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG). Die Ausgleichszahlung unterliegt bei der ausgleichsberechtigten Person mit dem entsprechenden Anteil der Besteuerung (§ 22 Nummer 1a EStG).
Beispiel 1:
Die ausgleichspflichtige Person A bezieht seit dem Jahr 2017 eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Laut Rentenbezugsmitteilung für das Jahr 2021 beträgt die Rente 10.000 € und der darin enthaltene Anpassungsbetrag 1.000 €. A leistet an die ausgleichsberechtigte Person B eine Ausgleichszahlung von 50 % der Altersrente und somit 5.000 €.
Besteuerung bei A:
Die Altersrente unterliegt mit 7.660 € (74 % von 9.000 € = 6.660 € zuzüglich Anpassungsbetrag von 1.000 €) der Besteuerung (§ 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG).
A kann 50 % von 7.660 € = 3.830 € als Sonderausgaben abziehen (§ 10 Absatz 1a Nummer 4 EStG)
Besteuerung bei B:
B muss korrespondierend hierzu 3.830 € abzüglich 102 € Werbungskosten-Pauschbetrag bzw. abzüglich tatsächlicher Werbungskosten versteuern (§ 22 Nummer 1a EStG).
2.3.1.2 Laufende Versorgung in Form eines Versorgungsbezugs i. S. d. § 19 EStG
Bemessen sich die Ausgleichszahlungen nach einem Versorgungsbezug, kann die ausgleichspflichtige Person den Sonderausgabenabzug in der Höhe erhalten, wie der Versorgungsbezug anteilig bei ihr zu steuerpflichtigen Einnahmen führt. Versorgungsbezüge haben ihren wirtschaftlichen Ursprung in der früheren Beschäftigung und dienen der Versorgung des ehemaligen Beschäftigten oder seiner Hinterbliebenen. Zu den Versorgungsbezügen gehören beispielsweise die Beamtenpensionen oder auch Betriebsrenten aufgrund einer Direktzusage. Bei der ausgleichspflichtigen Person wird der Versorgungsbezug um einen Versorgungsfreibetrag und einen Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gekürzt und bleibt insoweit steuerfrei (§ 19 Absatz 2 EStG). Die ausgleichsberechtigte Person muss die Ausgleichszahlungen in entsprechendem Umfang versteuern (§ 22 Nummer 1a EStG).
Beispiel 2:
Die ausgleichspflichtige Person A bezieht im Jahr 2021 (Versorgungsbeginn 1. Januar 2017) eine Beamtenpension von 20.000 €. A leistet an die ausgleichsberechtigte Person B eine Ausgleichszahlung von 50 %= 10.000 €.
Besteuerung bei A:
Einnahmen
| 20.000 €
|
abzüglich Versorgungsfreibetrag gem. § 19 Absatz 2 EStG
| ./. 1.560 €
|
abzüglich Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gem. § 19 Absatz 2 EStG
| ./. 468 €
|
steuerpflichtige Einnahmen
| 17.972 €
|
Bei A führt die Beamtenpension zu steuerpflichtigen Einnahmen von 17.972 €.
A kann 50 % von 17.972 € = 8.986 € als Sonderausgaben abziehen (§ 10 Absatz 1a Nummer 4 EStG).
Besteuerung bei B:
B muss 8.986 € abzüglich 102 € Werbungskosten-Pauschbetrag bzw. abzüglich tatsächlicher Werbungskosten versteuern (§ 22 Nummer 1a EStG).
2.3.1.3 Laufende Versorgung in Form einer privaten Rente im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG
Bemisst sich die Ausgleichszahlung nach einer Leistung, die der Besteuerung mit dem Ertragsanteil unterliegt (§ 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG), sind die Ausgleichszahlungen in Höhe des anteiligen Ertragsanteils als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Korrespondierend hierzu hat die ausgleichsberechtigte Person die Ausgleichszahlungen in entsprechender Höhe zu versteuern (§ 22 Nummer 1a EStG).
Beispiel 3:
Die ausgleichspflichtige Person A bezieht seit Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente aus einer privaten Rentenversicherung ohne Kapitalwahlrecht. Diese ist mit dem Ertragsanteil zu versteuern (§ 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG). Laut Rentenbezugsmitteilung für das Jahr 2021 beträgt die Rente 10.000 €. A zahlt 40 % dieser Rente an die ausgleichsberechtigte Person B, im Jahr 2021 dementsprechend 4.000 €.
Besteuerung bei A:
A muss die Rente mit dem Ertragsanteil von 20 % = 2.000 € versteuern.
A kann 40 % von 2.000 € = 800 € als Sonderausgaben abziehen (§ 10 Absatz 1a Nummer 4 EStG).
Besteuerung bei B:
B muss 800 € abzüglich 102 € Werbungskosten-Pauschbetrag bzw. abzüglich tatsächlicher Werbungskosten versteuern (§ 22 Nummer 1a EStG).
2.3.1.4 Laufende Versorgung aus einem Altersvorsorgevertrag, einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einer Direktversicherung
Bemisst sich die Ausgleichszahlung nach Leistungen aus
- einem Altersvorsorgevertrag, der nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG) zertifiziert ist (sogenannte Riester-Rente),
- einem Pensionsfonds,
- einer Pensionskasse oder
- einer Direktversicherung,
kann die ausgleichspflichtige Person den Sonderausgabenabzug in der Höhe erhalten, wie die entsprechende Leistung anteilig bei ihr zu steuerpflichtigen Einnahmen führt.
Bei der ausgleichspflichtigen Person richtet sich der Umfang der Besteuerung der Leistungen insbesondere danach, inwieweit die Beiträge in der Ansparphase gefördert wurden.
- Soweit die Leistungen auf geförderten Beiträgen beruhen, sind sie in voller Höhe steuerpflichtig (§ 22 Nummer 5 Satz 1 EStG). Dabei ist es unerheblich, ob die zu Grunde liegende Leistung in Form einer Rentenzahlung oder eines Auszahlungsplans mit anschließender Teilkapitalverrentung ausgezahlt wird.
- Soweit die Leistungen nicht auf geförderten Beiträgen beruhen, richtet sich die Besteuerung nach der Anlageform (§ 22 Nummer 5 Satz 2 EStG).
Die ausgleichsberechtigte Person muss die Leistung in entsprechendem Umfang versteuern (§ 22 Nummer 1a EStG).
Handelt es sich um eine Leistung aus einem Altersvorsorgevertrag, liegt – soweit die Voraussetzungen des AltZertG erfüllt werden – keine schädliche Verwendung nach § 93 EStG vor, da das geförderte Altersvorsorgevermögen an den Vertragspartner (= ausgleichspflichtige Person) gezahlt wird und der Ausgleich erst auf der Vermögensebene durchgeführt wird.
Beispiel 4:
Die ausgleichspflichtige Person A erhält nach Vollendung des 62. Lebensjahres aus dem Auszahlungsplan ihres Altersvorsorgevertrages (Banksparplan) eine jährliche Leistung von 7.200 €. Bei der erstmaligen Auszahlung der Leistung waren bereits mehr als 12 Jahre seit dem Vertragsabschluss vergangen. Die Leistung beruht zu 70 % auf geförderten und zu 30 % auf ungeförderten Beiträgen; die ungeförderten Beiträge betragen 2.000 €. A zahlt 50 % seiner (gesamten) Leistungen aus dem Altersvorsorgevertrag und damit 3.600 € an die ausgleichsberechtigte Person B.
Besteuerung bei A:
Soweit die Leistung auf geförderten Beiträgen beruht, ist sie in voller Höhe steuerpflichtig (§ 22 Nummer 5 Satz 1 EStG). Dies sind 70 % von 7.200 € = 5.040 €.
Soweit die Leistung auf ungeförderten Beiträgen beruht, muss A die Hälfte des Unterschiedsbetrags zwischen der Leistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge versteuern (§ 22 Nummer 5 Satz 2 Buchstabe c EStG).
auf ungeförderten Beiträgen beruhende Leistung: 30 % von 7.200 €
| 2.160 €
|
abzüglich darauf entrichteter Beiträge
| 2.000 €
|
= Unterschiedsbetrag
| 160 €
|
davon die Hälfte
| 80 €
|
A muss damit insgesamt 5.040 € + 80 € = 5.120 € versteuern.
A kann 50 % von 5.120 € = 2.560 € als Sonderausgaben abziehen (§ 10 Absatz 1a Nummer 4 EStG).
Besteuerung bei B:
B muss 2.560 € abzüglich 102 € Werbungskosten-Pauschbetrag bzw. abzüglich tatsächlicher Werbungskosten versteuern (§ 22 Nummer 1a EStG).
2.3.2 Andere Leistungen
2.3.2.1 Abtretung von Versorgungsansprüchen (§ 21 VersAusglG/§ 1587i BGB a. F.)
Die ausgleichspflichtige Person kann der ausgleichsberechtigten Person auch einen Anspruch gegen den Versorgungsträger in Höhe der Ausgleichsrente nach § 21 VersAusglG/§ 1587i BGB a. F. abtreten. In diesem Fall erfolgt die Auszahlung direkt vom Versorgungsträger an die ausgleichsberechtigte Person. Die Versorgungsleistungen sind in der Auszahlungsphase dennoch weiterhin von der ausgleichspflichtigen Person zu versteuern. Dies gilt auch insoweit, als die Versorgungsleistungen wegen der Abtretung unmittelbar an die ausgleichsberechtigte Person geleistet werden. Die ausgleichspflichtige Person kann den jeweils abgetretenen und bei ihr der Besteuerung unterliegenden Teil der Versorgungsleistungen als Sonderausgaben abziehen (§ 10 Absatz 1a Nummer 4 EStG). Die ausgleichsberechtigte Person muss die Ausgleichszahlungen in entsprechendem Umfang versteuern (§ 22 Nummer 1a EStG).
Die Ausführungen in den Rn. 32 bis 37 gelten entsprechend.
Bei einem zertifizierten Altersvorsorgevertrag führt die Abtretung des Leistungsanspruchs in der Auszahlungsphase im Rahmen einer Ausgleichsrente nicht zu einer schädlichen Verwendung im Sinne von § 93 EStG. Dies gilt auch, wenn die Abtretung bereits vor Beginn der Auszahlungsphase vorgenommen wird. Es handelt sich insoweit lediglich um einen abgekürzten Zahlungsweg. Die Leistung gilt steuerrechtlich weiterhin als der ausgleichspflichtigen Person zugeflossen.
2.3.2.2 Anspruch auf Ausgleich von Kapitalzahlungen (§ 22 VersAusglG)
Die ausgleichspflichtige Person kann an die ausgleichsberechtigte Person einen Ausgleichswert für Kapitalzahlungen aus einem noch nicht ausgeglichenen Anrecht (§ 22 VersAusglG) zahlen. Die Zahlung kann bei ihr in dem Umfang als Sonderausgaben berücksichtigt werden, wie sie die dem Ausgleichswert zugrunde liegenden Kapitalzahlungen versteuern muss (§ 10 Absatz 1a Nummer 4 EStG). Die ausgleichsberechtigte Person muss die Zahlung korrespondierend hierzu versteuern (§ 22 Nummer 1a EStG). Hierbei kann es sich z. B. um betriebliche Anrechte handeln, die eine (Teil-)Kapitalisierung vorsehen, oder aber um Anrechte im Sinne des AltZertG, soweit eine Teilkapitalisierung vereinbart ist.
Beispiel 5:
Die ausgleichspflichtige Person A lässt sich aus einem Altersvorsorgevertrag zu Beginn der Auszahlungsphase einen Teilbetrag von 15.000 € auszahlen (förderunschädliche Teilkapitalauszahlung, maximal 30 % des zu Beginn der Auszahlungsphase zur Verfügung stehenden Kapitals). Daneben erhält A eine jährliche Leistung von 3.600 €, ebenfalls aus gefördertem Altersvorsorgevermögen. A muss der ausgleichsberechtigten Person B 50 % der gesamten Leistungen, also 50 % von 18.600 €, und damit 9.300 € ausgleichen. Das angesparte Altersvorsorgevermögen beruht in vollem Umfang auf gefördertem Kapital.
Besteuerung bei A:
A muss sowohl die Teilkapitalauszahlung als auch die jährlichen Leistungen von insgesamt 18.600 € in voller Höhe versteuern (§ 22 Nummer 5 Satz 1 EStG).
A kann 50 % von 18.600 € und damit 9.300 € als Sonderausgaben abziehen (§ 10 Absatz 1 Nummer 4 EStG).
Besteuerung bei B:
B muss korrespondierend hierzu 9.300 € abzüglich 102 € Werbungskosten-Pauschbetrag bzw. abzüglich tatsächlicher Werbungskostenversteuern (§ 22 Nummer 1a EStG).
2.3.2.3 Anspruch gegen die Witwe oder den Witwer (§ 26 VersAusglG)
Stirbt die ausgleichspflichtige Person und besteht ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht bei einem ausländischen, zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Versorgungsträger und leistet dieser Versorgungsträger eine Hinterbliebenenversorgung, kann die verwitwete Person zu Leistungen an den geschiedenen Ehegatten der verstorbenen Person als ausgleichsberechtigte Person verpflichtet sein (§ 26 VersAusglG, § 3a Absatz 5 VAHRG a. F.). Die verwitwete Person nimmt insoweit die Stellung der ausgleichspflichtigen Person ein und hat die Leistung zunächst zu versteuern. Sie kann die Ausgleichszahlung – soweit sie auf versteuerten Leistungen beruht – als Sonderausgaben abziehen (§ 10 Absatz 1a Nummer 4 EStG). Die ausgleichsberechtigte Person muss die Leistungen in entsprechender Höhe versteuern (§ 22 Nummer 1a EStG), Rn. 27 bis 36 sind entsprechend anzuwenden. Anhänge 33-36
Beispiel 6:
Die Witwe W (zweite Ehefrau der verstorbenen, ursprünglich ausgleichspflichtigen Person A) bezieht seit dem Jahr 2019 eine Hinterbliebenenrente von 10.000 € jährlich von einem Versorgungsträger in der Schweiz. Die Hinterbliebenenrente ist wie eine (große) Witwenrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Besteuerungsanteil zu versteuern (§ 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG). Die von A geschiedene erste Ehefrau E hat gegen W einen Anspruch auf Versorgungsausgleich von 50 % der Hinterbliebenenrente (§ 26 Absatz 1 VersAusglG). W leistet daher im Jahr 2019 an E eine Ausgleichszahlung von 5.000 €.
Besteuerung bei W:
W muss die Hinterbliebenenrente mit 78 % von 10.000 € = 7.800 € versteuern (§ 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG).
W kann 50 % von 7.800 € und damit 3.900 € als Sonderausgaben abziehen (§ 10 Absatz 1 Nummer 4 EStG).
Besteuerung bei E:
E muss korrespondierend hierzu 3.900 € abzüglich 102 € Werbungskosten-Pauschbetrag bzw. abzüglich tatsächlicher Werbungskosten versteuern (§ 22 Nummer 1a EStG).
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