DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION—
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 7. Oktober 2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, insbesondere auf Artikel 47l Buchstaben a und b,
in Erwägung nachstehender Gründe:
1Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates‚ das Sonderregelungen für Steuerpflichtige vorsieht, die bestimmte Dienstleistungen erbringen, wurde durch die Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates und die Richtlinie (EU) 2019/1995 des Rates geändert‚ um die Sonderregelungen zu erweitern. Die Maßnahmen, die erforderlich sind, um diesen beiden Änderungsrichtlinien nachzukommen, gelten ab dem 1. Januar 2021.
2In der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 sind die Bestimmungen für die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer festgelegt. Die Artikel 47b, 47c, 47d und 47e der genannten Verordnung betreffen den Austausch bestimmter Informationen im Zusammenhang mit den Sonderregelungen gemäß Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG. Insbesondere sehen diese Artikel den Austausch von Angaben zur Identität und Angaben in Mehrwertsteuererklärungen sowie den Austausch etwaiger späterer Änderungen dieser Angaben vor. Diese Artikel gelten ab dem 1. Januar 2021.
3Damit die in diesen Artikeln genannten Informationen auf einheitliche Weise ausgetauscht werden können, müssen die technischen Einzelheiten des Austauschs festgelegt werden, darunter eine einheitliche elektronische Mitteilung. Auf diese Weise wird auch die einheitliche Erarbeitung der technischen und funktionalen Spezifikationen ermöglicht, da sie auf Grundlage geregelter Rahmenbedingungen erfolgen kann.
4Bestimmte Informationen, wie zum Beispiel der Ausschluss von den Sonderregelungen, der Verzicht auf die Inanspruchnahme auf eigenen Wunsch oder die Änderung des Mitgliedstaats der Identifizierung, sollten ebenfalls unverzüglich und auf einheitliche Weise ausgetauscht werden, um den Mitgliedstaaten die Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung der Sonderregelungen und die Bekämpfung von Betrug zu ermöglichen. Zu diesem Zweck sollten gemeinsame Vorkehrungen für den elektronischen Austausch solcher Informationen getroffen werden.
5Um den Verwaltungsaufwand für die Steuerpflichtigen so gering wie möglich zu halten, müssen bestimmte Anforderungen an die elektronische Schnittstelle festgelegt werden, die es den Steuerpflichtigen erleichtern, Angaben zur Identität und Mehrwertsteuererklärungen zu übermitteln. Den Mitgliedstaaten steht es frei, zusätzliche Funktionen zur Verfügung zu stellen, um den Verwaltungsaufwand weiter zu reduzieren.
6Es ist zu klären, welche spezifischen Angaben gemacht werden müssen, wenn in einem bestimmten Zeitraum keine Dienstleistungen im Rahmen der Sonderregelungen erbracht werden.
7Um den Mitgliedstaaten und den Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu geben, in der späteren Kommunikation eindeutig auf Mehrwertsteuererklärungen Bezug zu nehmen, unter anderem in der Kommunikation im Zusammenhang mit der Entrichtung der Steuer, sollte der Mitgliedstaat der Identifizierung für jede Mehrwertsteuererklärung eine einmalige Bezugsnummer erteilen.
8Diese Verordnung sollte ab demselben Tag gelten wie die Artikel 47b, 47c, 47d und 47e der Verordnung (EU) Nr. 904/2010.
9Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 815/2012 der Kommission (5) enthält Durchführungsbestimmungen gemäß den Artikeln 44 und 45 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 zum Informationsaustausch im Zusammenhang mit den Sonderregelungen für Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen oder elektronische Dienstleistungen. Diese Artikel gelten vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2020. Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 815/2012 sollte daher mit Wirkung vom 1. Januar 2021 aufgehoben werden. Sie sollte jedoch bis zum 10. Februar 2024 für die Übermittlung und Berichtigung von Mehrwertsteuererklärungen hinsichtlich Dienstleistungen weiter gelten, die unter eine in der genannten Durchführungsverordnung aufgeführte Sonderregelung fallen und vor dem 1. Januar 2021 erbracht wurden.
10Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Artikel 1
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:
- „Nicht-EU-Regelung“ bezeichnet die Sonderregelung für von nicht in der Gemeinschaft ansässigen Steuerpflichtigen erbrachte Dienstleistungen gemäß Titel XII Kapitel 6 Abschnitt 2 der Richtlinie 2006/112/EG;
- „EU-Regelung“ bezeichnet die Sonderregelung für innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Gegenständen, für Lieferungen von Gegenständen innerhalb eines Mitgliedstaats, die über eine elektronische Schnittstelle zur Unterstützung dieser Lieferungen gemäß Artikel 14a Absatz 2 der Richtlinie 2006/112/EG erfolgen, und für von in der Gemeinschaft, nicht aber im Mitgliedstaat des Verbrauchs ansässigen Steuerpflichtigen erbrachte Dienstleistungen gemäß Titel XII Kapitel 6 Abschnitt 3 der Richtlinie 2006/112/EG;
- „Einfuhrregelung“ bezeichnet die Sonderregelung für Fernverkäufe von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen gemäß Titel XII Kapitel 6 Abschnitt 4 der Richtlinie 2006/112/EG;
- „Sonderregelungen“ bezeichnet die Nicht-EU-Regelung‚ die EU-Regelung und die Einfuhrregelung.
Artikel 2
Funktionen der elektronischen Schnittstelle
Die elektronische Schnittstelle im Mitgliedstaat der Identifizierung, über die sich ein Steuerpflichtiger oder ein für seine Rechnung handelnder Vermittler für die Inanspruchnahme einer der Sonderregelungen registriert und über die er oder der Vermittler die Mehrwertsteuererklärungen im Rahmen dieser Regelung an den Mitgliedstaat der Identifizierung übermittelt, muss die nachstehenden Funktionen aufweisen:
- Sie muss die Möglichkeit bieten, die gemäß Artikel 361 oder 369p der Richtlinie 2006/112/EG zu übermittelnden Informationen und jede Änderung dieser Informationen sowie die in der Mehrwertsteuererklärung gemäß Artikel 365, 369g oder 369t der Richtlinie 2006/112/EG anzugebenden Informationen zu speichern, bevor diese Informationen oder Änderungen übermittelt werden;
- sie muss dem Steuerpflichtigen oder dem für seine Rechnung handelnden Vermittler die Möglichkeit bieten, relevante Informationen zu den Mehrwertsteuererklärungen durch eine elektronische Dateiübertragung gemäß den Bedingungen des Mitgliedstaats der Identifizierung zu übermitteln.
Artikel 3
Übermittlung von Angaben zur Identität
1Der Mitgliedstaat der Identifizierung übermittelt den anderen Mitgliedstaaten über das CCN/CSI-Netz die nachstehenden Informationen, einschließlich etwaiger Änderungen dieser Informationen:
- Angaben zur Identität des Steuerpflichtigen, der die Nicht-EU-Regelung in Anspruch nimmt;
- Angaben zur Identität des Steuerpflichtigen, der die EU-Regelung in Anspruch nimmt;
- Angaben zur Identität des Steuerpflichtigen, der die Einfuhrregelung in Anspruch nimmt;
- Angaben zur Identität eines Vermittlers;
- die dem Steuerpflichtigen oder einem Vermittler zugeteilte Identifikationsnummer.
2Die einheitliche elektronische Mitteilung gemäß Anhang I dient der Übermittlung der Informationen nach Absatz 1, wobei jeweils die folgende Spalte zu nutzen ist:
- Spalte B für die Nicht-EU-Regelung;
- Spalte C für die EU-Regelung;
- Spalte D für die Einfuhrregelung zur Identifizierung des Steuerpflichtigen gemäß Artikel 369p Absatz 1 oder 3 der Richtlinie 2006/112/EG;
- Spalte E für die Einfuhrregelung zur Identifizierung des Vermittlers gemäß Artikel 369p Absatz 2 der Richtlinie 2006/112/EG.
3Der Mitgliedstaat der Identifizierung informiert die anderen Mitgliedstaaten unverzüglich über das CCN/CSI-Netz mittels der in Anhang II dieser Verordnung festgelegten einheitlichen elektronischen Mitteilung, wenn der Steuerpflichtige
- aus dem Identifikationsregister einer der Sonderregelungen gemäß Artikel 363, 369e oder 369r Absatz 1 oder 3 der Richtlinie 2006/112/EG ausgeschlossen oder gestrichen wird;
- auf eigenen Wunsch auf die Inanspruchnahme einer der Sonderregelungen verzichtet;
- im Rahmen der EU-Regelung oder der Einfuhrregelung den Mitgliedstaat der Identifizierung wechselt.
Der Mitgliedstaat der Identifizierung informiert die anderen Mitgliedstaaten unverzüglich über das CCN/CSI-Netz mittels der in Anhang II dieser Verordnung festgelegten einheitlichen elektronischen Mitteilung, wenn der Vermittler
- gemäß Artikel 369r Absatz 2 der Richtlinie 2006/112/EG aus dem Identifikationsregister gestrichen wird;
- auf eigenen Wunsch seine Tätigkeit als Vermittler aufgibt;
- den Mitgliedstaat der Identifizierung wechselt.
5Die individuellen Mehrwertsteuer-Identifikationsnummern, die Steuerpflichtigen oder gegebenenfalls in Bezug auf Steuerpflichtige gemäß Artikel 369q Absatz 1 und 3 der Richtlinie 2006/112/EG zugeteilt werden, werden automatisch zwischen dem Mitgliedstaat der Identifizierung und den anderen Mitgliedstaaten über ein zentrales Register oder ein anderes vertrauenswürdiges Instrument für den Datenaustausch in einer Weise ausgetauscht, die jederzeit gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten einen korrekten, aktuellen Überblick über die Gültigkeit aller solcher von allen Mitgliedstaaten zugeteilten Mehrwertsteuer-Identifikationsnummern haben.
Artikel 4
Übermittlung der Mehrwertsteuererklärung durch den Steuerpflichtigen oder den Vermittler
1Der Steuerpflichtige oder gegebenenfalls im Falle der Einfuhrregelung der für seine Rechnung handelnde Vermittler übermittelt dem Mitgliedstaat der Identifizierung die Mehrwertsteuererklärungen mit den gemäß Artikel 365, 369g oder 369t der Richtlinie 2006/112/EG erforderlichen Angaben unter Verwendung der in Anhang III dieser Verordnung festgelegten einheitlichen elektronischen Mitteilung. Spalte B dieser einheitlichen elektronischen Mitteilung ist für die Nicht-EU-Regelung, Spalte C für die EU-Regelung und Spalte D für die Einfuhrregelung zu verwenden.
2Wenn ein Steuerpflichtiger in Bezug auf eine Sonderregelung während eines Steuerzeitraums in keinem Mitgliedstaat im Rahmen dieser Sonderregelung Lieferungen von Gegenständen tätigt oder Dienstleistungen erbringt und er keine Änderungen an früheren Mehrwertsteuererklärungen vorzunehmen hat, ist eine Mehrwertsteuer-Nullmeldung auszufüllen. Zu diesem Zweck werden nur die folgenden Felder der in Anhang III festgelegten einheitlichen elektronischen Mitteilung ausgefüllt:
- die Felder 1, 2, 11 und 24 für die Nicht-EU-Regelung;
- die Felder 1, 2, 21 und 24 für die EU-Regelung;
- die Felder 1, 1a, 2, 11 und 24 für die Einfuhrregelung.
3Der Steuerpflichtige oder gegebenenfalls im Falle der Einfuhrregelung der für seine Rechnung handelnde Vermittler muss die einen Mitgliedstaat des Verbrauchs betreffenden Dienstleistungen und Lieferungen nur dann angeben, wenn in diesem Mitgliedstaat während des Steuerzeitraums im Rahmen der Sonderregelungen Lieferungen von Gegenständen getätigt oder Dienstleistungen erbracht wurden.
Darüber hinaus muss der Steuerpflichtige im Falle der EU-Regelung die in Artikel 369g Absatz 2 Buchstaben a und b der Richtlinie 2006/112/EG genannten Lieferungen in Bezug auf einen Mitgliedstaat, aus dem Gegenstände versandt oder befördert werden, nur dann angeben, wenn während des Steuerzeitraums aus diesem Mitgliedstaat Gegenstände, die unter die EU-Regelung fallen, versandt oder befördert worden sind. Ebenso muss ein Steuerpflichtiger die von einem Mitgliedstaat der Niederlassung aus erbrachten Dienstleistungen nur dann angeben, wenn während des Steuerzeitraums von diesem Mitgliedstaat aus Dienstleistungen, die unter die EU-Regelung fallen, erbracht worden sind.
Artikel 5
Übermittlung von in der Mehrwertsteuererklärung enthaltenen Informationen
Die Informationen in der Mehrwertsteuererklärung gemäß Artikel 4 Absatz 1 sind vom Mitgliedstaat der Identifizierung über das CCN/CSI-Netz mittels der in Anhang III festgelegten einheitlichen elektronischen Mitteilung zu übermitteln
- an jeden in der Mehrwertsteuererklärung angegebenen Mitgliedstaat des Verbrauchs;
- im Falle der EU-Regelung zusätzlich an die folgenden in der Mehrwertsteuererklärung genannten Mitgliedstaaten:
jeden Mitgliedstaat, aus dem Gegenstände versandt oder befördert werden; jeden Mitgliedstaat der Niederlassung, von dem aus Dienstleistungen erbracht worden sind.
Im Sinne des ersten Absatzes übermittelt der Mitgliedstaat der Identifizierung jedem betroffenen Mitgliedstaat die allgemeinen Informationen aus Teil 1 der in Anhang III festgelegten einheitlichen elektronischen Mitteilung sowie die Informationen aus den Teilen 2, 3 und 4 dieser einheitlichen elektronischen Mitteilung, die sich auf den betreffenden Mitgliedstaat beziehen.
Artikel 6
Einmalige Bezugsnummer
Die gemäß Artikel 5 übermittelten Informationen enthalten eine vom Mitgliedstaat der Identifizierung erteilte Bezugsnummer, die die betreffende Mehrwertsteuererklärung eindeutig kennzeichnet.
Artikel 7
Aufhebung
Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 815/2012 wird mit Wirkung vom 1. Januar 2021 aufgehoben.
Für die Übermittlung und Berichtigung von Mehrwertsteuererklärungen hinsichtlich Dienstleistungen, die unter eine in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 815/2012 aufgeführte Sonderregelung fallen und vor dem 1. Januar 2021 erbracht wurden, gilt die genannte Durchführungsverordnung jedoch bis zum 10. Februar 2024 weiter.
Artikel 8
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Sie gilt ab dem 1. Januar 2021.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Brüssel, den 12. Februar 2020
Für die Kommission
Die Präsidentin
Ursula VON DER LEYEN
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